Hochsensible Menschen

Warum hochsensible Menschen mehr Zeit für sich allein brauchen

Wenn Ich-Zeit lebenswichtig wird

Hochsensible Personen erleben die Welt jeden Tag um ein Vielfaches lauter, intensiver und anstrengender als ihre Mitmenschen. Sie operieren im täglichen Umgang auf so vielen Frequenzen gleichzeitig, dass uns bei der Vorstellung allein schon schwindlig werden könnte. Hochsensible fühlen, was andere fühlen und können mikroskopisch kleine Veränderungen im Stimmungsbild sofort registrieren. Optische und akustische Reize führen sehr schnell zu Überforderung und Erschöpfung. Doch es gibt noch mehr Gründe, warum für hochsensible Persönlichkeiten Zeit allein lebensnotwendig im wahrsten Sinne des Wortes ist. Die wichtigsten möchten wir dir hier gerne vorstellen:

1. Das Leben will verarbeitet werden

Wenn wir an die unzähligen Eindrücke denken, mit denen wir jeden Tag zu kämpfen haben, ist die Wahrnehmung von Hochsensiblen kaum vorstellbar. Millionen von Daten und Informationen prasseln tagtäglich auf sie herein, und das völlig ungefragt. Die meisten lernen es im Laufe ihres Lebens irgendwann, sich zumindest gegen Teile dieser mentalen und emotionalen Invasionen zu wappnen. Autogenes Training und ein strenger Fokus auf selektive Wahrnehmung können hilfreich dabei sein. Allerdings reichen diese Techniken bei weitem nicht aus, um sämtliche Eindrücke eines ganzen Tages unter Menschen zu verarbeiten. Dafür brauchen Hochsensible wirklich absolute Stille ohne jede Ablenkung. Ihr Verstand und ihr Gefühlsleben müssen die Chance bekommen, kräftig durchatmen zu können. Das gelingt nur in völliger Abgeschiedenheit und in regelmäßigen Abständen. Das moderne Zeitalter der Digitalisierung macht diese Aufgabe nicht gerade einfacher oder leichter. Selbst für die Abgehärteten unter uns ist das Beantworten von E-Mails und Textnachrichten in Echtzeit und die ständige Erreichbarkeit eine echte Herkules-Aufgabe. Unser Leben droht uns an manchen Tagen zu überholen. Wenn wir nicht aufpassen, geraten wir unter die erbarmungslosen Räder von Social Media und dem schrägen Wettstreit, sich mit der ganzen Welt messen zu wollen. Für Hochsensible sind diese Aussichten der blanke Horror.

2. Andere Menschen lenken sie ständig ab

Bei all den Informationen über andere Leute, die Hochsensible ungefragt jeden Tag präsentiert bekommen, vergisst man leicht, dass sie eigentlich auch ein eigenes Leben hätten, dem sie sich einmal ganz ausgiebig widmen wollen. Leider kommen ihnen am Weg dorthin immer wieder andere Menschen mit ihrem Leben, ihren Sorgen und all ihrer Energie, die sie ganz unweigerlich nach außen tragen, in die Quere. Hochsensible müssen sich komplett von der Außenwelt isolieren, nur um ihr bescheidenes, normales und ganz und gar alltägliches Privatleben zelebrieren zu können. Wer so feine Antennen besitzt und eine überaus detailverliebte Beobachtungsgabe sein Eigen nennen darf, braucht die freiwillige Selbstisolation, um sich wenigstens ab und zu den eigenen Belangen, Leidenschaften und Interessen widmen zu können. Generell fällt es schwer, die an uns herangetragenen Ansichten und Lebensbeichten unserer Mitmenschen von unserer eigenen Geschichte sauber abzugrenzen. Irgendwann laufen wir ernsthaft Gefahr, das Leben der anderen mit unserem eigenen zu vermischen. Kaum ein Mensch – und hochsensible schon gar nicht – kann abends so prompt und zuverlässig abschalten, dass die gesamten Eindrücke des Tages auf Knopfdruck verschwunden sind.

3. Einsamkeit ist gleichbedeutend mit mentaler Gesundheit

Was für manche Menschen wie die psychische Endstation klingt – Einsamkeit – ist für Hochsensible die Garantie für Resilienz und geistige Gesundheit. In völliger Stille den eigenen Gedanken nachhängen zu können, ist ein Luxus für sensible Menschen, den sich andere überhaupt nicht erklären können. Wer die Einsamkeit fürchtet, hat sie vielleicht auch noch nie ausprobiert. Für Hochsensible jedenfalls ist sie die absolute Notwendigkeit, wenn es darum geht, psychisch in Balance zu bleiben und sich von der lärmenden und fordernden Welt da draußen nicht verrückt machen zu lassen.

4. Gefühle müssen in Ruhe sortiert werden

Ähnlich wie die Gedanken kommen auch die Gefühle Hochsensibler häufig zu kurz, wenn sie nicht darauf achten. Emotionen sind ohnehin ein schwieriges Kapitel für viele Menschen. Wenn man sich dann tagtäglich nicht nur um die eigene Gefühlswelt kümmern muss, sondern auch noch die sämtlicher Mitmenschen abarbeiten muss, bleibt irgendwann ein Teil der Persönlichkeit auf der Strecke. Phasen der Einsamkeit dienen somit dazu, sich seiner emotionalen Bedürfnisse klarer zu werden. Emotionale Durststrecken sind auch für Hochsensible kein Urlaub. Wer ständig darum kämpfen muss, im eigenen Leben nicht zu kurz zu kommen, lernt irgendwann gezwungenermaßen, um seine Bedürfnisse zu kämpfen.

5. Ihr Verstand kommt sonst nie zur Ruhe

Ein einfacher und praktisch selbsterklärender Grund, warum Hochsensible überdurchschnittlich viel Zeit mit sich allein verbringen müssen, ist ihre schier endlose Gehirnaktivität. Wie in einem Bienenstock summen tausende von Gedanken ständig durch ihre Köpfe, solange sie der Gesellschaft anderer Menschen ausgesetzt sind. Erst in der Ruhe kann sich ihr Gehirn erholen und auf Normalbetrieb herunterfahren. Dieser Vorgang ist nicht nur systemrelevant, sondern längerfristig lebenswichtig. Jeder Mensch – auch die durchschnittlich sensiblen – denkt 24 Stunden am Tag. Auch nachts arbeitet unser Intellekt noch, auch wenn er vorübergehend von unserem Unterbewusstsein abgelöst und teilweise entpflichtet wird. Bei Hochsensiblen potenzieren sich diese Vorgänge so gewaltig, dass sie ohne Ruhephasen wahrscheinlich irgendwann den Verstand verlieren würden.

6. Auch Gedanken brauchen manchmal freie Bahn

Die Selbstkontrolle ihrer Gedanken und Gefühle ist für Hochsensible ein dringend notwendiger Überlebensmechanismus. Für sie fühlt es sich manchmal fast so an, als ob ihr Verstand sich im Alltag tot stellen müsste, um nicht einen Systemausfall zu riskieren. Wenn sie dann Ich-Zeit allein genießen können, können auch ihre eigenen Ideen endlich von der Leine gelassen werden. Das Schmieden von Plänen oder das Nachspüren kreativer Einfälle kann nur in aller Abgeschiedenheit gelingen. Manche Szenarien brauchen viel Zeit in unseren Köpfen, bis sie Gestalt annehmen. Hochsensible Menschen lieben die Zeit mit sich allein schon deshalb, weil ihr eigenes Kopfkino dann endlich nach Herzenslust loslegen kann. Tagsüber, umgeben von unzähligen Menschen, sind alle Funktionen ihrer Wahrnehmung damit schon mehr als genug beschäftigt. Unserer Inspiration einmal so richtig die Zügel durchgehen zu lassen, ist erfrischend für jeden Geist, nicht nur für den hochsensiblen. Alle Bereiche unseres Daseins profitieren von diesen Luftschlössern, und manchmal entsteht ja auch tatsächlich eine brauchbare und hoffnungsvolle Idee daraus.

Fazit: Stille als universelles Allheilmittel

Was für manche durchschnittlich sensiblen Menschen eher wie eine Bestrafung oder eine Folter klingt, ist für hochsensible Personen ein absolut überlebenswichtiger Fluchtpunkt. Zeit allein zu verbringen, schärft ihre eigenen Gedanken, bringt ihre Gefühle wieder in Balance und hilft ihnen, ihre mentale Stärke zu kräftigen. Raum für Innovation kann so ebenso geschaffen werden, wie die Gewissheit, am nächsten Tag wieder voll einsatzfähig für die Welt da draußen zu sein. Als hochsensible Person durchs Leben zu gehen, ist eine enorme Herausforderung. Wer nicht irgendwann als kompletter Einzelgänger und seltsamer Eigenbrötler enden möchte, muss rechtzeitig die Kunst der Eigenliebe und Selbstfürsorge erlernen.

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