Warum lieben wir schwierige und komplizierte Partner? Eine spirituelle Herangehensweise 

Liebe + Leid = Beziehung?

Schwierige Menschen zu lieben ist eine Herausforderung, der sich nicht jeder stellen möchte. Dennoch scheinen gerade diese Personen manchmal eine schier magische Anziehungskraft auf uns auszuüben. Frauen sind fasziniert vom einsamen Wolf, der ihnen schon beim ersten Date erklärt „schwierig“ zu sein und eigentlich nicht so recht in eine Schublade zu passen. Wenn er dann noch den Hauch eines „Bad Boy“ verströmt und kühl und distanziert wirkt, sehen viele darin ihre karmische Aufgabe und ihre Bestimmung, diesen Typ zu retten. Männer wiederum lieben die Jagd und die Herausforderung. Eine Frau, die nicht leicht zu gewinnen ist und ihnen auch dann noch das Leben schwer macht, ist für viele wesentlich interessanter als eine liebevolle und fürsorgliche Partnerin. Viele Bücher wurden bereits zum Thema „Schwierige Liebe“ verfasst, auf eine einfache Lösung kommt dabei allerdings niemand. Am ehesten könnte man eine Erklärung für dieses Phänomen – stark vereinfacht und natürlich auch verallgemeinert – wie folgt zusammenfassen: Frauen möchten retten und helfen, Männer möchten gewinnen. Beide werden sich daher immer wieder in Beziehungen wiederfinden, die kräftezehrend und fordernd sind und sie an den Rand ihrer psychischen Belastbarkeit bringen. Mit Partner*innen zu leben, die einen immer im Ungewissen lassen, ist wie ein Gang auf dünnem Eis. Die Gründe dafür, uns diesem ständigen Drahtseilakt auszusetzen, ohne dafür auch nur ansatzweise das an Zuwendung und Bestätigung zurückzubekommen, was wir quasi investieren, sind vielseitig. Einige der möglichen Beweggründe, warum wir uns zu schwierigen und streng genommen beziehungsunfähigen Partner*innen so hingezogen fühlen, stellen wir dir heute vor:

1. Wir glauben, dass die Liebe alles überwinden kann

Es steht schon in den alten Schriften sämtlicher Weltreligionen geschrieben: Die Liebe ist das stärkste Band zwischen uns Menschen. Die Bibel lehrt uns sogar, dass sie alles ertragen kann und im Gegenzug nichts dafür verlangt. Sie wird alles mitmachen und trotzdem niemals aufhören. Diese Passage aus dem Paulusbrief an die Korinther wird bei fast jeder kirchlichen Trauung zitiert, manchmal sogar schon von Hochzeitsredner*innen und Standesbeamt*innen, weil so viele Menschen sich diesen bewegenden Zeilen so verbunden fühlen. Das Hohelied der Liebe ist in der Tat eine schöne und perfekt ausformulierte Wunschvorstellung davon, was jeder Mensch sich von der Liebe erhofft. Jede Frau und jeder Mann will genau das haben und sehnt sich danach. Allerdings vergessen dabei die meisten, dass die Liebe keine Einbahnstraße ist. Sie beruht auf Gegenseitigkeit. Wenn also eine Seite alles gibt, ohne dafür etwas zurückzubekommen, dann liegt hier eine klassische Fehlinterpretation der historischen Schriften vor. Keine anerkannte Glaubenslehre der Welt besagt, dass wir uns für eine Beziehung aufopfern sollen bis zum letzten Tropfen Blut und bis zur letzten Träne. Zu denken, dass wir für die Liebe kämpfen müssen, ohne dafür eine Gegenleistung erwarten zu dürfen, ist ein Irrglaube, der sich irgendwann einmal in unseren Köpfen manifestiert hat. Liebe meint nicht Selbstaufgabe oder die völlige Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse. Im Vordergrund steht das Gemeinsame, nicht das Trennende. Die Liebe kann alles überwinden, das mag schon sein. Doch ist das nicht die Herangehensweise an eine erfüllte Partnerschaft. Gemeint sind damit Krisenzeiten wie Krankheit, finanzielle Notlagen und andere Ausnahmesituationen, wo die Liebe uns zusammenschweißt und durchhalten lässt, bis die Zeiten wieder besser werden. Das berühmte „in guten wie in schlechten Zeiten“ bedeutet nicht, dass eine Hälfte immer eine gute Zeit hat, während die andere permanent zu kurz kommt. 

2. Wir glauben, dass wir die Lösung für all ihre Probleme sind

Besonders Frauen fühlen sich immer wieder dazu berufen, Männer retten zu wollen, die bis jetzt von jeder ihrer Partnerinnen enttäuscht wurden. Selbst wenn der Mann von Beginn an klarstellt, keine Beziehung zu wollen und sich ganz deutlich als bindungsunwillig outet, bilden Frauen an diesem Punkt einen blinden und tauben Fleck aus. Jede träumt früher oder später davon, die Eine zu sein, die den Mann vor sich selbst und der rauen, brutalen Welt da draußen erretten konnte. Sie würde ihn verstehen wie keine andere jemals zuvor, würde ihm seinen Freiraum lassen und ihm einfach nur die offenen Arme und das gütige Herz anbieten, wonach er im tiefsten Inneren so sehr verlangt. Hier hat uns Hollywood in freundlicher Zusammenarbeit mit Bestsellern der romantischen Weltliteratur leider einen Floh ins Ohr gesetzt, den wir auch im 21. Jahrhundert noch nicht losgeworden sind. Männer sagen recht deutlich, was sie möchten und was nicht. Hier herzugehen und sich als Frau – wie in dem Film „Keinohrhasen“ so treffend beschrieben – als die „letzte Cola in der Wüste“ zu wähnen, die den Mann vorm Verdursten retten kann, ist nicht nur naiv. Diese Sichtweise und das Ignorieren der klaren Ansage öffnen höchstens Tür und Tor für eine Co-Abhängigkeit, aber sicher nicht für eine respektvolle, erfüllende Beziehung.

3. Wir wollen gebraucht werden

Ein Aspekt der Liebe zu schwierigen Partner*innen ist besonders heikel. Viele Menschen – und hier trifft es Männer wie Frauen gleichermaßen – brauchen es, gebraucht zu werden. Geliebt, begehrt, gewollt oder ersehnt zu werden kommt erst irgendwann auf den hinteren Rängen für sie zum Tragen. Sie wollen eine Aufgabe in diesem Leben, und diese Aufgabe ist eine konkrete Person. Die Gründe für diese besondere Sicht auf die Liebe und die Partnerschaft können vielfältig sein. Vielleicht schlummert tief in uns drinnen die Angst, dass wir leichter ersetzbar sind, wenn wir nicht gebraucht werden. Vielleicht lieben wir aber auch einfach nur das Gefühl des Gebrauchtwerdens mehr, als jenes, geliebt zu werden. Hier schwingt unterschwellig eigentlich eine ziemlich brutale Botschaft mit: „Ich will, dass du mich brauchst“ impliziert schon so etwas wie emotionale Geiselhaft und den Wunsch, den anderen zu beherrschen und zu besitzen.

Liebe + Liebe = Beziehung!

Es ehrt uns grundsätzlich sehr, wenn wir eine Partnerschaft nicht sofort an den Nagel hängen, wenn es schwierig wird. Allerdings sollten wir uns kein Beziehungsglück erwarten, wenn wir immer nur Menschen anziehend finden, die uns in Echtzeit mit in ihren persönlichen Abgrund hinabziehen. Ab einem gewissen Alter hat jeder Mensch eine Geschichte, die er wie einen Rucksack mit sich mitschleppt und in jede neue Beziehung mitbringt. Wer sich auf eine neue Liebe einlassen will, darf sich für sie aber nicht opfern. Die Selbstfürsorge ist im Leben mindestens gleich wichtig wie die Fürsorge für andere. Wer im Leiden seine Erfüllung findet und nur in Partnerschaften glücklich sein kann, wo die Selbstaufgabe und der Mangel an der Tagesordnung stehen, kann sich sein Lebensglück natürlich auch so erschaffen. Tatsache ist jedoch: Auf dieser Welt im Hier und Jetzt haben wir nur dieses eine Leben. Vielleicht kommt danach das nächste, vielleicht auch nicht. Unsere Verpflichtung dem Leben gegenüber lautet, das Beste, das wirklich und wahrhaftig Allerbeste für uns daraus zu machen. Wenn wir unsere karmische Bestimmung im Leiden für andere sehen, ist das gut so. Wenn wir Zweifel daran haben, dass eine Liebe ohne Gegenliebe vielleicht doch nicht das Wahre ist, sollten wir die Konsequenzen ziehen. Das Einzige, was noch schlimmer ist als ein Leben ohne Liebe, ist ein Leben im Leiden für die Liebe, oder was auch immer wir dafür zu halten glauben.