Warum es in Ordnung ist, toxische Familienmitglieder aus deinem Leben zu streichen

Auch Blutsbande können giftig sein

Toxische Menschen sind – wie der Name schon verrät – pures Gift für uns. Sie schädigen unsere Psyche, verletzen unsere Gefühle und ruinieren manchmal sogar unsere Gesundheit und unsere Existenzgrundlage. Die Bandbreite an negativen Auswirkungen ist hier leider grenzenlos. Wenn wir die Möglichkeit haben, diesen Giftspritzen oder Energievampiren aus dem Weg zu gehen, sollten wir das tun. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie sich des Schadens bewusst sind, den sie anrichten, oder nicht. Eine ganz andere Liga aber sind toxische Familienmitglieder. Hier sind die emotionalen Bande sehr viel enger, der Grad der gefühlten Verpflichtung ihnen gegenüber ist sehr viel höher und wir erlauben uns oft jahrelang nicht, diesem dunklen Mechanismus adieu zu sagen. Warum es aber dennoch absolut in Ordnung ist, auch Familienbande zu kappen, wenn diese toxisch sind, zeigen wir dir hier:

1. Warum ist es so schwer?

Toxischen Menschen Lebewohl zu sagen ist an sich schon eine Kunst. Es dauert oft lange, bis wir ihr übles Spiel durchschaut haben. Gerade in Beziehungen oder Freundschaften können wir es nur schwer fassen, was ein Freund oder Geliebter uns antun kann. Dieses Unvermögen potenziert sich noch drastischer, wenn es sich bei der toxischen Person um ein Elternteil handelt oder um Geschwister. Zum einen ist unsere emotionale Erwartungshaltung an diese Personen exorbitant hoch. Mütter und Väter müssen uns lieben, Geschwister müssen uns zumindest akzeptieren, mögen wäre natürlich noch besser. Erschwerend hinzu kommt, dass toxische Menschen kaum jemals konstant ihr Gift versprühen, sondern uns ein veritables Wechselbad der Gefühle verordnen, das uns bei der Stange hält. Im Normalfall kämpfen wir sogar mit allen Mitteln darum, doch noch die uns zustehende Liebe und Zuneigung endlich zu erhalten. Das Erkennen, dass wir hier völlig falsch liegen, dauert Jahre und Jahrzehnte, und hört oft erst am Sterbebett auf.

2. Verantwortung ist keine Einbahnstraße

Der zweite Hauptgrund, warum es uns so schwerfällt, toxischen Familienmitgliedern die Verwandtschaft zu kündigen, ist unser ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein. Dieses ist uns als Mitgliedern einer sozialen Spezies teilweise angeboren. Zum Teil trainieren es uns aber auch die Umstände und unsere Bezugspersonen an. Wenn wir uns als Kinder toxischer Eltern ein Leben lang für sie zuständig fühlen, hat dieser Mechanismus seinen Zweck erfüllt. So beginnt ein lebenslanger Kampf um Anerkennung, Liebe oder zumindest Akzeptanz. Doch wo bleibt die Verantwortung uns selbst gegenüber? Wo verhalten sich die Eltern, Großeltern oder Geschwister ihrem biologischen Code entsprechend verantwortungsbewusst? Und, nicht zu vergessen: In erster Linie sind wir als Erwachsene uns selbst gegenüber verantwortlich. Eigenliebe geht immer vor, solange wir dadurch niemandem bewusst schaden. Davon kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Wer sich distanziert, um sich zu schützen, handelt höchst verantwortungsbewusst und keinesfalls egoistisch.

3. Der Vergleich macht dich sicher

Wenn du dich permanent unwohl fühlst im Beisein bestimmter Familienmitglieder, sie dir jedes Quäntchen Lebenssaft förmlich aus den Adern saugen und du nach jedem Gespräch erschöpft ohne Ende bist, hast du es ziemlich sicher mit toxischem Verhalten zu tun. Oft fällt es uns schwer, unsere diesbezüglichen Gefühle zu kanalisieren oder richtig einzuordnen. Daher ist es notwendig, diese zwischenmenschlichen Beziehungen auf einer anderen Ebene zu betrachten, nicht auf der emotionalen. Die folgenden Punkte sollen dir als Checkliste dienen, die eine Art „Worst-of“ toxischen Verhaltens aufzeigt:

– Jemand wertet dich ständig ab. Nichts von dem was du sagst, machst oder anstrebst ist gut genug für sie oder ihn. Man vergleicht dich permanent mit anderen und führt dir deine angeblichen Defizite vor Augen.

– Diese Person ist ein Pessimist, wie er im Buche steht. Kein Mensch, kein Ereignis und keine Sache können ihr ein positives Kommentar oder gar ein Lächeln entlocken.

– Kontrolle ist oberstes Gebot. Mutter oder Vater beispielsweise rufen täglich (mehrmals) bei dir an und wollen minutiös Bescheid über deinen Tagesablauf wissen.

– Du wirst als seelischer Mülleimer missbraucht. Außer dem sich Beklagen leistet diese Person jedoch keinen Beitrag zur Verbesserung ihrer Lage.

– Alle deine Vorschläge werden kategorisch abgelehnt.

– Du wirst wie das Kuckuckskind oder eine Person 2. Wahl behandelt. Geschwister erhalten immer den Vorzug vor dir.

– Deine Privatsphäre wird nicht respektiert.Man zwingt dir bestimmte Verpflichtungen auf.

– Geschwisterneid regiert.

– Emotionale Erpressung wird zum quälenden Dauerzustand.

4. Du hast die Wahl

So hart es dir auch erscheinen mag: Die Wahl, wie du mit dieser Situation umgehen möchtest, liegt allein bei dir. Auf wundersame Weise ändern werden sich diese Menschen nicht. Die einzige Person, die dich aus diesem emotionalen Dilemma befreien kann, bist du selbst. Folgendes kannst du tun:

a) Erkenne, was es ist: toxisch. Das Problem bist NICHT du!

b) Du bist nicht mehr das hilflose, kleine Kind von damals. Du hast es in der Hand, die Karten neu zu mischen. Sprich mit Menschen, denen du vertraust über deine Situation oder such dir professionelle Hilfe. Das Kind von einst nimmst du so an die Hand und holst es fort aus diesem Ort der Finsternis.

c) Löse dich von deiner emotionalen Abhängigkeit. Was wäre das Schlimmste, das passieren könnte? Hast du immer noch Angst, dass man dich verlassen, misshandeln oder in den Schrank sperren könnte? Nochmal: Das Kind ist nun erwachsen und kann sich wehren oder fortgehen.

d) Stelle dich selbst und deinen Wert an erste Stelle. Niemand darf dich schlecht behandeln. Niemand!

e) Raus aus der Opferrolle! Wenn du das Gefühl hast, dass die toxische Person noch nicht restlos in ihrem schrägen Weltbild gefangen ist, sprich sie auf ihr Verhalten an. Betone dabei, wie sehr sie deine Gefühle verletzt. Erwarte allerdings nicht zu viel von diesem Gespräch. Dir wird es danach trotzdem besser gehen, denn die Fronten sind nun geklärt.

f) Wenn du dich nicht komplett distanzieren möchtest, ziehe klare Grenzen. Im Laufe der Zeit hast du dich wahrscheinlich – ohne es zu bemerken – als prima Lastentier für andere Familienmitglieder erwiesen. Damit muss nun Schluss sein. Aufgaben, die du bislang allein schultern musstest, sollten nun aufgeteilt werden. Andernfalls wirst auch du keinen Beitrag mehr leisten. Konsequenzen ankündigen und durchziehen ist Pflicht. 

g) Wenn es nicht anders geht, dann geh. Dies sollte der letzte Ausweg sein, der dir bestimmt auch schwerfallen wird. Doch bevor du deine geistige, emotionale und körperliche Gesundheit einem aussichtslosen Kampf gegen Windmühlen opferst, musst du dich selbst in Schutzhaft nehmen. Halte dir dabei stets vor Augen, dass du dein Möglichstes getan und nichts unversucht gelassen hast, um eine andere Lösung zu finden. Toxische Menschen sind kaum gesprächsbereit oder therapierbar. Sie schaffen es eher, die alleinige Schuld dir in die Schuhe zu schieben.

Der Verwandtschaft kann man nicht kündigen

Jedenfalls haben es viele Menschen schon vergeblich versucht. Die Bande, die uns auf ewig mit unserer Familie verbinden, sind wirklich stärker als alles andere, und Blut wird immer dicker als Wasser sein. Doch das Erwachsenwerden bringt entscheidende Vorteile mit sich. Wir sind nicht nur körperlich stärker, sondern auch seelischer und emotionaler. Wir bestimmen, wo es langgeht. Denk immer an die weisen Worte von Eleanor Roosevelt: „Niemand kann dir das Gefühl geben, minderwertig zu sein, ohne deine Zustimmung.“