Single und glücklich: Warum man keine Angst davor haben sollte, Dinge alleine zu machen

Selbstüberwindung für Fortgeschrittene

Die Anzahl der Single-Haushalte nimmt stetig zu. War es vor zehn Jahren noch eine Art gesellschaftliches Stigma, als Single durchs Leben zu gehen, erntet man heute anerkennende und mitunter auch neidvolle Blicke. Viele Beziehungen leben nur vom schönen Schein und der Gewohnheit, das Leben als Paar zu verbringen. Immer mehr Menschen geben zu, in ihren Ehen und Partnerschaften wesentlich einsamer gewesen zu sein, denn als Singles. Im Grunde ist Single-Sein die ehrlichste Beziehungsform überhaupt. Es gibt nichts zu beschönigen, es gibt keine Diskussionen und keine falschen Hoffnungen. Was erledigt werden muss, kann man nicht delegieren und was erlebt werden will, muss man höchstselbst in die Hand nehmen. Der Weg aus der Komfortzone der Zweisamkeit mag zu Beginn ungewohnt und beängstigend sein. Doch es gibt eigentlich keinen zwingenden Grund, um nicht auch als Single die klassischen Paar-Rituale weiterzupflegen. Hier ein paar gedankliche Anstöße dazu:

1. Single-Reisen

Sie sind schon lange Thema und erfreuen sich großer Beliebtheit. Vorab klären sollte man vielleicht, ob es sich dabei um ein reines Partyarrangement ähnlich wie Tinder und Co. handelt, wo lockere Flirts und erotische Abenteuer im Vordergrund stehen. Bei Kultur- oder Opernreisen wundert es wahrscheinlich auch niemanden, wenn der Frauenanteil exorbitant hoch ist. Das macht aber nichts: Wenn schon kein Flirt in Sicht ist, dann wenigstens die Aussicht, ein paar wunderbare neue Menschen kennen zu lernen und gemeinsam viel Spaß im Single-Urlaub zu haben.

2. Kino, Theater und Museen

Diese Orte eignen sich perfekt als Einstieg für Neo-Singles, die sich allein noch ein wenig unwohl fühlen. Im Kino ist es dunkel und alle starren auf die Leinwand. Es fällt dort nicht einmal auf, dass man sein Popcorn mit niemandem teilen muss. Im Theater verhält es sich so ähnlich. Meist kann man als Außenstehende/r ohnehin nicht auf den ersten Blick zuordnen, wer wo dazugehört oder eben nur sich selbst. Wer gerne ins Museum geht, den Partner oder die Partnerin aber bislang immer eher nötigen oder zwangsverpflichten musste, kann sich dem Eintauchen in das ultimative Kulturerleben nun nach Herzenslust widmen. Es wird vielleicht zu Beginn seltsam anmuten, die persönlichen Eindrücke mit niemandem teilen zu können. Doch dafür hat man auch keine quengelnden Erwachsenen im Schlepptau, die ständig genervt auf die Uhr sehen oder lieber auf ihrem Smartphone spielen, als sich den Werken schöpferischer Genies hinzugeben. Es kann sogar ein erhebendes Erlebnis sein, allein durch die weiten Hallen zu streifen und sich für jedes Bild und jedes Artefakt so viel Zeit zu nehmen, wie man möchte. Kunst intensiv wirken zu lassen, kann Endorphine freisetzen und für echte Glücksgefühle sorgen, selbst wenn weit und breit niemand sonst da ist. Zum Kulturevent kombinieren lässt sich auch gleich die nächste Übung. Denn: Kunst macht hungrig!

3. Essen gehen

Hier liegt die Hemmschwelle für die meisten Menschen schon ziemlich hoch. Gerade das Speisen in schönem Ambiente und das Verkosten von himmlischen Gerichten und Getränken ist eigentlich ein zutiefst gesellschaftlicher Akt. Wer sich wirklich nicht wohl bei dem Gedanken fühlt, kann diese „Übung“ in einer Mensa oder Betriebskantine beginnen. Dort fällt es gar nicht so sehr auf, allein an einem Tisch zu sitzen. In Restaurants empfiehlt sich zum Einstieg ein versteckter Platz an der Bar oder in einer Ecke, wo man sich weniger wie auf dem Präsentierteller fühlt. In manchen Ländern ist es übrigens überhaupt kein Thema, allein einen Kaffee trinken oder Mittagessen zu gehen. Wer jemals in Paris unterwegs war, sieht viele Frauen dort allein ihre Pause genießen. Das unbedingte Brauchen von einem Gegenüber scheint eher ein antrainiertes Phänomen unserer Gesellschaft zu sein. Ist die Hemmschwelle übrigens einmal überwunden, fällt es immer leichter, sich auch in gehobenen Restaurants ohne jegliche Begleitung blicken zu lassen. Wem es hilft, der kann sich zu Beginn noch eine Zeitung oder ein Buch als mentale Krücke mitnehmen. Das Herumspielen auf dem Smartphone geht natürlich auch, muss aber nicht sein. Kein Single braucht eine Rechtfertigung, um allein ein schönes Essen zu genießen.

4. Eine Bar aufsuchen

Hier hätten wir nun die Königsdisziplin der Neo-Single-Events. Wer jemals in einer Bar auf jemanden warten musste, der sich verspätete, weiß, wie unangenehm es sein kann, dort allein auszuharren. Als Frau gilt besonders: Wer allein in eine Bar geht, muss auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer sein. Das stimmt natürlich nicht. Allerdings sollte man sich natürlich auch nicht wundern, wenn man angesprochen wird. Aber wer weiß: Vielleicht lauert ja der nächste potenzielle Partner für den nächsten Lebensabschnitt an einer Theke irgendwo und fühlt sich ähnlich merkwürdig dabei. Alles ist möglich!

5. An einer Hochzeit teilnehmen

Die Horror-Vorstellung schlechthin für Singles: eine Einladung zu einer Hochzeit! Doch Vorsicht: So dramatisch, wie es uns vor allem amerikanische Filme immer wieder vorgaukeln wollen, ist das überhaupt nicht, im Gegenteil. Man wird als Single weder an den Kindertisch platziert, noch muss man in der Küche beim Catering-Personal speisen. Diese überzeichneten gesellschaftlichen Vorurteile sind längst Geschichte, sofern sie in unseren Breiten überhaupt jemals der Realität entsprochen haben. Auf jeder Hochzeit gibt es eine Sitzordnung. Die Braut wird diese nach bestem Wissen und Gewissen erstellen und mit Sicherheit eine Kombination von Tischnachbarn finden, die erträglich ist. Du hast als Single auf einer Hochzeit auch viele Vorteile. Du kannst dich praktisch den ganzen Tag über frei bewegen und dir nach Herzenslust aussuchen, mit wem du ins Gespräch kommen willst und mit wem lieber nicht. Beobachte die anwesenden Paare. Es ist erlaubt, ein wenig über sie zu schmunzeln, wenn kleinste Kleinigkeiten sofort zu schlechter Stimmung führen. Genieße das Essen, den Wein, die gute Stimmung und rocke zu vorgerückter Stunde die Tanzfläche im Alleingang.

6. Die eigene Sexualität pflegen

Nein, das ist kein Aufruf zur hemmungslosen One-Night-Stand-Offensive. Umfragen zufolge schaut es in Puncto Sex nämlich so aus: Den besten und intensivsten haben wir mit uns selbst, und zwar allein. Das führt natürlich wiederum alles ad absurdum, was Hollywood und sämtliche Lifestylemagazine uns über die Jahre hindurch so weismachen wollten. Widme dich daher deinem Körper und seinen Bedürfnissen nach Lust und Laune. Besser wird’s an der Erotik-Front nämlich nicht!

Als Single weiß man, was man hat

Das Beste am Single-Sein: Es gibt keine Enttäuschungen im Alltag mehr. Es gibt keine flauen Ausreden, keine lahmen Entschuldigungen und niemanden, den man jedes Wochenende und für jede Freizeitaktivität wie einen Rucksack hinter sich herschleppen muss. Man kann sich auf sich selbst immer und überall zu 100 Prozent verlassen und sein Leben intensiv und bis zur Neige auskosten. Wer trotzdem nicht glücklich ist mit der neuen Lebensführung, kann ja wieder auf die Pirsch gehen und sich nach einem neuen Lebensabschnittspartner umsehen. Geholfen hat das Single-Sein dann allemal. Die meisten Menschen wissen erst nach einer Zeit allein, was sie sich von einer Partnerschaft eigentlich erwarten und wünschen. Die wichtigste Beziehung unseres Lebens werden wir trotzdem immer mit uns selbst haben. Der Kopf auf unseren Schultern und die Gefühle in unserer Brust werden immer da sein, egal wo wir hingehen und mit wem. Ein Investment in diese besondere Langstrecke lohnt sich also.