Leichter leben: 10 seltsame Streiche, die dein Verstand dir für ein leichteres Leben spielt!

Smarte Schutzmechanismen für ein leichteres Leben

Wir Menschen hören das nicht so gerne, aber unser Verstand ist nicht ansatzweise so brillant und messerscharf, wie wir ihn gerne hätten. Vieles funktioniert in unserer Wahrnehmung auf der Ebene des Unterbewusstseins, und dieses können wir nicht steuern. Es sind bestimmte Schlüsselreize, auf die unser Gehirn förmlich anspringt wie ein Motor, und das ganz ohne unser Wissen. Einige dieser Tricks und Winkelzüge sind uns bestens bekannt, wieder andere dürften auch diejenigen unter uns noch in Erstaunen versetzen, die sich schon bislang recht eingehend mit der Arbeitsweise unseres Verstandes befasst haben. Wir stellen dir hier die zehn interessantesten Phänomene vor, denen wir alle tagtäglich mehr oder weniger ausgeliefert sind.

1. Das Gute erhoffen, das Schlechte erwarten

Eine pessimistische Grundhaltung ist zwar anstrengend und macht uns auf Dauer frustriert und launisch. Allerdings hat sie auch einen entscheidenden Vorteil mit im Gepäck: Schlechte Nachrichten treffen uns weniger hart, wenn wir sie bereits erwartet haben. Außerdem passiert es ja auch immer wieder, dass das Schlechte außen vor bleibt und wir im Endeffekt angenehm überrascht werden.

2. Der Placebo-Effekt

Diesen hilfreichen Trick kennen wir schon sehr lange. Wer ihn ursprünglich „erfunden“ hat, ist nicht bekannt. Allerdings war der erste Verfechter und Befürworter kein Geringerer als der griechische Philosoph Platon (427 bis 347 v. Chr.). Schon er hatte erkannt, dass bestärkende Worte und Zuversicht sich positiv auf den Heilungsprozess von Kranken auswirken können. Die Schulmedizin hat den Begriff dann enger gefasst und versteht die Verabreichung eines „Scheinmedikaments“ darunter, das zwar keine pharmazeutische Wirkung auf die Patient*innen hat, ihnen aber das sichere Gefühl vermitteln soll, dass sich ihre Beschwerden schnell und zuverlässig bessern werden. Was den Placebo-Effekt also eigentlich ausmacht, sind Hoffnung, Zuversicht und das Vertrauen, die Hilfe zu erhalten, die man benötigt.

3. Schöner Schein – gute Meinung

Hier kommt der sogenannte Halo-Effekt, auch Heiligenschein-Effekt genannt, zum Zug. Hand in Hand geht er mit der Macht des ersten Eindrucks. Denn: Wenn dieser ein durch und durch positiver ist, sehen wir diesen Menschen in einem besonders hellen Licht. Von dieser Meinung gehen wir in der Folge dann auch nicht mehr so schnell ab. Im Gegensatz zum ersten Gesamteindruck bleibt beim Halo-Effekt meist nur ein Detail des Kennenlernens in positiver Erinnerung. Wir schätzen beispielsweise die formvollendeten Manieren, die gepflegte Optik oder das gewinnende Lächeln so sehr, dass wir von dieser höchst oberflächlichen und eindimensionalen Momentaufnahme auf die ganze Person schließen.

4. Immer schön optimistisch bleiben

Ja, auch Optimismus ist eine Überlebensstrategie, die sich unser Gehirn im Laufe der Evolution antrainiert hat. Wir glauben viel öfter an das Gute und Schöne, als es sich dann tatsächlich ereignet. In unserem Verstand allerdings bleiben die wenigen Male haften, wo unsere Hoffnungen nicht enttäuscht wurden und sich die Macht des positiven Denkens behaupten konnte.

5. Der Investment-Effekt und seine Tücken

Warum bleiben wir so gerne in Beziehungen haften, die uns emotional nichts mehr bieten können? Wieso fällt es uns so schwer, Jobs an den Nagel zu hängen, wo wir die gläserne Decke (und jede andere Decke auch) längst erreicht haben? Die Antwort auf beide Fragen liefert uns der Investment-Effekt, auch Effekt der irreversiblen oder versunkenen Kosten genannt. Wir sehen hauptsächlich, wie viel Geld, Zeit und Energie wir in diese Engagements investiert haben, die wir nie wieder zurückbekommen werden. Wenn wir nun gehen allerdings, waren sie komplett umsonst, da wir dann gar nichts mehr davon haben.

6. Erster Eindruck – bleibender Eindruck 

Dieses Phänomen wird in der modernen Psychologie auch als „Verankerungseffekt“ bezeichnet. Das erste Bild von einem Menschen bleibt so tief in unserem Verstand verhaftet, dass es schwer wird, es mit der Zeit zu revidieren, selbst wenn uns untrügliche Fakten vorliegen, die das untermauern würden.

7. Selbsttäuschung durch Selbstbestätigung

Niemand irrt sich gerne. Wir Menschen haben für den Fall der Fälle jedoch ein ganz besonders praktisches Mindset parat, um einen Irrtum zumindest uns selbst gegenüber nicht zugeben zu müssen. Zugute kommt uns dabei die Fähigkeit der selektiven Wahrnehmung und das Ausblenden von Argumenten, die qualitativ oder quantitativ nicht die Oberhand gewinnen können. Wir klammern uns an eine einmal gefasste Meinung, indem wir sie im Nachhinein untermauern. Diese Technik käme im echten Leben einem glatten Betrug gleich, da die Beweise einfach rückwirkend auf das gewünschte Ergebnis zugeschnitten werden. Doch unser Verstand blendet lieber, als sich einen Irrtum einzugestehen.

8. Der Effekt der schönen Worte

Diese Taktik, auch Framing-Effekt genannt, ist die Königsdisziplin der milliardenschweren Bereiche Werbung, Marketing und PR. Je salbungsvoller ein Produkt beschrieben und geschönt wird, desto kritischer sollte man es als Konsument*in natürlich hinterfragen. Allein: Wir tun es nicht. Wenn auf einem Fertigprodukt „30 Prozent weniger Fett“ auf der ansprechenden Verpackung steht, greifen wir beherzt zu. Wie viel Fett dann noch tatsächlich enthalten ist, recherchieren wir allerdings nicht. Auch Floskeln wie „jetzt mit noch mehr Inhalt“ können streng genommen alles oder nichts bedeuten. 

9. Programmiert auf Negativität

Es klingt wie ein Widerspruch in sich, aber auch eine negative Grundeinstellung hat Vorteile für uns. Diese liegen jedoch weit zurück in einer Zeit, wo das Lernen ein täglicher Überlebenskampf war. Negative Erfahrungen bleiben daher länger und besser in unserem Verstand haften, damit wir – wenn wir uns wieder in einer vergleichbaren Situation befinden – schneller darauf zugreifen und dem drohenden Unheil rechtzeitig entfliehen können.

10. Der Backfire-Effekt

Eine einmal gefasste Meinung zu revidieren, fällt den meisten Menschen schwer. Wenn dann allerdings noch aus allen Rohren mit Argumenten auf uns gefeuert wird, die uns davon abbringen sollen, schießen wir gedanklich und verbal zurück. Daher hat der Backfire-Effekt seinen Namen. Wir verteidigen unsere Sicht der Dinge im wahrsten Sinne des Wortes mit Gewalt. Er kommt übrigens auch zum Einsatz, wenn Werbung und Co. uns ein bestimmtes Produkt ganz besonders aggressiv anpreisen wollen oder ein Buch, ein Film oder eine neue Marke um jeden Preis lanciert werden und unsere Kaufkraft im Sturm erobern sollen. Je positiver und überschwänglicher etwas dargestellt wird, desto kritischer sollten wir es hinterfragen.

Sinnestäuschung mit besonderen Vorzügen

Die zehn beschriebenen Effekte haben eines gemeinsam: Unterm Strich gereichen sie uns zum Vorteil. Unser Verstand hat sie im Laufe der menschlichen Evolution entwickelt und perfektioniert, um das Überleben der Spezies Mensch mit einem weiteren Sicherheitsnetz auszurüsten. Selbst jene Täuschungsmanöver, die auf den ersten Blick wie ein Nachteil erscheinen – wenn sich etwa der erste Eindruck als falsch herausstellt – hat für jemanden immer einen Vorteil zu bieten. Im Fall des Verankerungseffekts beispielsweise profitiert der Neuzugang, indem er von der Gruppe schneller akzeptiert und in ihre schützende Mitte aufgenommen wird. Meistens sind wir Opfer und Täter zu gleichen Teilen. Der Framing-Effekt zum Beispiel mag uns manchmal ein Schnippchen schlagen, mindestens genauso oft jedoch bedienen wir uns selbst seiner Treffsicherheit, indem wir die Macht der schönen Worte nutzen, um an unser Ziel zu gelangen. In Sachen Wahrnehmung, Verstand und Erkenntnisfindung wird es also wahrscheinlich so sein wie mit allen Bereichen unseres Lebens: Die Natur macht keine Fehler. Dies ist eine anerkannte Wahrheit und ganz bestimmt kein Täuschungsmanöver.