Zu klug, um kampflos aufzugeben
Die Klügeren geben bekanntlich immer nach. Allerdings klingt auch diese Binsenweisheit einfacher, als sie im täglichen Leben tatsächlich ist. Wer weniger nachdenkt, kommt nicht umsonst glücklicher durchs Leben, wie sogar wissenschaftliche Studien beweisen. Smarte Menschen sehen sich mit mehr Herausforderungen konfrontiert, müssen mehr Grabenkämpfe ausfechten und haben nicht selten Feinde an ganz unerwarteten Fronten. Klüger zu sein als der Durchschnitt der Bevölkerung bedeutet nicht automatisch, die Lösung für jedes Problem aus dem Ärmel schütteln zu können, das am Wegesrand auf einen lauert. Wir stellen dir hier fünf interessante Probleme vor, die wirklich nur intelligente Menschen quälen:
1. Sie neigen dazu, alles zu Tode zu analysieren
Je höher der IQ, desto länger dauern einfache Entscheidungen in der Regel. Einen wachen Verstand und einen regen Geist sein Eigen nennen zu dürfen, schließt umgekehrt leider aus, spontan und flexibel zu sein. Das wäre für kluge Menschen ein glatter Widerspruch in sich. Jede winzig kleine Entscheidung muss aus jedem möglichen Blickwinkel beleuchtet und von A bis Z analysiert werden, bis sie guten Gewissens getroffen werden kann. Die Hochbegabten unter uns neigen nicht zu intellektuellen Schüssen aus der Hüfte oder unüberlegten Übersprunghandlungen. Dieses intensive Nachdenken führt leider häufig dazu, dass sie förmlich darin gefangen sind und in eine Art mentale Paralyse verfallen. Sie geraten dann schnell in den Ruf, schwerfällig und unentschlossen zu sein, was in Wahrheit gar nicht stimmt. Kluge Zeitgenoss*innen möchten nur gern auf Nummer sicher gehen und alle Eventualitäten berücksichtigt wissen. Im zwischenmenschlichen Bereich stellt sie diese Eigenschaft natürlich vor ganz besondere Herausforderungen. Menschen sind nicht gerade ein offenes Buch für sie, was teilweise auch daran liegen mag, dass sie nur selten Gesellschaft finden, die intellektuell mit ihnen mithalten kann. Das Experiment „Sozialleben“ müssen daher viele mentale Überflieger früher oder später als gescheitert ad acta legen.
2. Andere Menschen verstehen sie nicht
Klugheit ist eine Bürde, die viele Facetten mit sich bringt. Eine davon ist die, dass „normale“ Menschen sich schwer damit tun, sich in ihre begabten Mitmenschen hineinversetzen zu können. Sie verstehen weder ihr Denken noch ihr Handeln und schon gar nicht die Beweggründe, die vom einen zum anderen führen. Smarte Köpfe hingegen wünschen sich oft nichts sehnlicher, als sich einfach nicht erklären zu müssen. Sie möchten um ihrer selbst willen geliebt und akzeptiert werden, ohne permanent den Stempel des „Freak“ oder der schrägen Person verpasst zu bekommen. Sie sind von Kindheit an ohnehin die Außenseiter*innen. Diese Erfahrungen möchte man als Erwachsener nicht unbedingt wiederholen. Dennoch werden sie sich immer schwer damit tun, in einer Gruppe nicht negativ aufzufallen, so ironisch das auch klingen mag. Viele gehen dann sogar so weit, sich bewusst dümmer zu stellen, als sie sind. Sie verkneifen sich irgendwann ihre smarten Bemerkungen und launigen Anekdoten, die zwar sehr unterhaltsam wären, aber immer auch ein Stück weit enttarnen, welche Kapazunder da mit am Tisch sitzen. Ihr enzyklopädisches Allgemeinwissen wirkt auf die meisten ihrer Mitmenschen eher abschreckend und ringt nur den wenigsten echte Bewunderung ab. Doch selbst dann fällt ein unbeschwerter Austausch schwer. Genauso wenig, wie man als kluger Kopf unangenehm auffallen möchte, wollen das auch die weniger klugen Köpfe und verharren daher lieber in ehrfurchtsvollem Schweigen.
3. Sie leiden unter dem Hochstapler-Syndrom
Der britische Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell sagte einst: „Die grundlegende Ursache der Schwierigkeiten ist, dass in der modernen Welt die Dummen sicher sind, während die Intelligenten voller Zweifel sind.“ Was er damit auf den Punkt brachte, war das sogenannte Hochstapler-Syndrom, dem intelligente Menschen überdurchschnittlich oft anheimfallen. Sie finden sich selbst niemals wirklich gut genug, selbst wenn sie ausreichend Bestätigung von außen erhalten. Sogar wirklich große Talente und Fähigkeiten ziehen sie in Zweifel und wähnen sich ungenügend. In besonders schwerwiegenden Fällen kommt es sogar so weit, dass die Betroffenen sich wie Betrüger fühlen, obwohl sie zu 100 Prozent das Recht und vor allem das Wissen auf ihrer Seite haben. Dieses wahrlich unerfreuliche Phänomen führt dazu, dass Begabte gern und oft ihr Licht unter den sprichwörtlichen Scheffel stellen und lieber still und leise im Hintergrund agieren, obwohl ihre Forschungen, ihre Kompositionen oder Erfindungen einen echten Fortschritt für die gesamte Menschheit bedeuten könnten. Nur: Wenn sie selbst nicht an sich glauben können, kann das auch niemand sonst. Erschwerend hinzu kommt dabei die Tatsache, dass man irgendwann das glaubt, was man sich selbst tagtäglich einredet. Die ständigen Selbstzweifel führen dann früher oder später dazu, dem eigenen Urteilsvermögen vollends zu misstrauen und keinen noch so brillanten Geistesblitz für bare Münze nehmen zu können.
4. Hohe Erwartungen als ständige Bedrohung
Sie hängen wie ein permanentes Damokles-Schwert über den Köpfen all jener, die überdurchschnittlich begabt und mit Verstand gesegnet sind. Die großen Erwartungen erlegen sie sich zum Teil selbst auf, da sie das hohe Niveau, auf dem sie zeitlebens souverän dahinsurfen, unbedingt halten möchten. Andererseits kommt natürlich auch von außen nicht gerade wenig Druck auf sie zu, der sie ständig daran erinnert, wie hoch die Latte aktuell gerade ist, die es zu überspringen gilt. Wer von Kindesbeinen an in dem Ruf steht, zu den Besten zu gehören, möchte sich nicht irgendwann mitten im Durchschnitt wiederfinden. Aber auch Eltern, Partnerinnen, Vorgesetzte und Freundinnen sind gar nichts anderes gewohnt von ihnen, als jeden Rekord mühelos zu brechen und mit jedem Quantensprung eine neue Ära im ganz persönlichen Leistungsspektrum einzuläuten.
5. Sie verbringen viel Zeit allein
Wer sich chronisch unverstanden fühlt und von Selbstzweifeln geplagt wird, gibt irgendwann das soziale Leben auf und zieht die Zeit allein der Gesellschaft der anderen vor. Diese selbstgewählte Isolationshaft muss nicht zwangsläufig negative Folgen für die Betroffenen haben. Intelligente Menschen wissen ganz genau, wie sie ihre Zeit sinnvoll verbringen können. Außerdem haben sie die Lektion „lieber allein als in schlechter Gesellschaft“ schon seit Kindertagen verinnerlicht, als mit den Leseratten, Musterschülerinnen und Strebern niemand spielen wollte. Zusätzlich ermöglicht es ihnen diese Qualitätszeit, in aller Ruhe ihren tiefsinnigen Gedanken nachhängen zu können und jedes neue und spannende Detail ihres Lebens nach Herzenslust einer eingehenden Analyse zu unterziehen. Dennoch beschleicht auch die Klügsten unter uns dann und wann ein Hauch von Einsamkeit. Diese Schlacht kann ihnen niemand abnehmen, allerdings käme auch kein Außenstehender auf die Idee, dass das ein handfestes Problem von intelligenten Zeitgenossinnen sein könnte.
Jede Gabe fordert ihren Tribut
Fast scheint es, als ob wirklich niemand vom Leben alles bekommen kann. Wir befinden uns vom Tag unserer Geburt an in einem Zyklus von Geben und Nehmen, der sich unterm Strich wahrscheinlich die Waage halten wird. Jede besondere Begabung scheint ihren Preis zu haben. Wer nicht mit einer solchen aufwarten kann, zahlt dafür der Durchschnittlichkeit ihren Tribut und droht irgendwann einfach in Vergessenheit zu geraten. Wie man es auch dreht und wendet: Das Leben ist schon fair. Auch wenn wir nur selten das bekommen, was wir möchten, so bekommen wir zumindest am Ende doch immer das, was wir brauchen. Wer lieber beliebt als intelligent wäre, kann ja versuchen, im nächsten Leben ein paar IQ-Punkte gegen ein paar Sympathie-Punkte zu tauschen.