Du verdienst nicht jemanden, der zurückkommt, du verdienst jemanden, der nie geht

Sei nicht das Vielleicht

Beziehungen sind kompliziert, können anstrengend sein und ganz nebenbei natürlich auch das Wundervollste auf der ganzen Welt. Die Wahrheit liegt meistens irgendwo in der Mitte, gut eingebettet zwischen dem Zauber des Anfangs und einem romantischen Happy End. Neben einigen No-Gos wie Betrug oder respektlosem Verhalten, Aggressivität, ständige Herabwürdigung, Distanz und emotionale Kälte gibt es einen entscheidenden Punkt in jeder Beziehung, den man nicht tolerieren sollte. Zumindest solltest du das dann nicht, wenn du noch über ein wenig Würde und Selbstbewusstsein verfügst. Es geht dabei um den Aspekt der Verbindlichkeit. Die Menschen neigen – so scheint es – immer noch stärker dazu, das Leben wie ein endloses Buffett zu betrachten, wo immer nur das Nehmen am Programm steht, aber niemals das Geben. In Beziehungen äußert sich dieses Verhalten, indem manche Partner*innen sich niemals so richtig festlegen wollen. Am liebsten wäre es ihnen, wenn die Beziehung wie ein 24-Stunden-Motel funktionieren würde. Sie könnten jederzeit nach Belieben ein- und wieder auschecken, ohne Begründung und ohne jegliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Denn: Es könnte ja schon an der nächsten Ecke jemand Besseres auf sie warten als du.

Besser geht’s immer – oder?

Aus der Sicht dieser selbsternannten Freiheitsliebenden – manche heften sich auch chronische Bindungsangst auf ihre fliehenden Fahnen – mag die Überlegung natürlich stimmen. Wer will schon lebenslänglich Kartoffelsuppe essen, wenn die Speisekarte noch so viel mehr zu bieten hat? Und die nächste Beziehung könnte so viel leidenschaftlicher sein, sie könnte einfacher sein und man könnte ein noch sehr viel schöneres Leben führen als jetzt. Die Versuchung ist praktisch omnipräsent. Internet und Social Media machen es uns leichter denn je, unsere Fühler ständig nach der nächsten Miss oder dem nächsten Mister Right auszustrecken. Das Paradoxe dabei ist, dass genau diese ewig Suchenden niemals fündig werden. Selbst wenn es ihnen gelingt, ein Leben lang wie ein Schmetterling von einer Blume zur nächsten zu flattern und nirgends lange zu verweilen, wird ihre Sehnsucht nach Liebe niemals erfüllt werden, und ihre Suche wird niemals ein Ende finden. Früher oder später nämlich wird ihnen jede Beziehung ein gewisses Maß an Arbeit oder aktiver Beteiligung abverlangen. Selbst die bedürftigsten und naivsten Partner*innen machen nicht alles für immer und ewig mit. Jede Romanze mündet irgendwann in einen ernüchternden Alltag, in welchem sich letztendlich zeigt, ob man als Paar das Zeug dazu hat, auch die weniger guten Zeiten miteinander zu meistern und vielleicht sogar noch Spaß daran zu haben. Warum wir irgendwann an die Grenzen der Sättigung des puren Genusses stoßen, ist nicht geklärt. Allerdings kann man diesen Vorgang sogar berechnen. Der Ökonom Hermann Heinrich Gossen stellte mit seinem „Ersten Gossenschen Gesetz“ fest, dass der Konsum eines jeden Gutes (und dazu zählt auch die junge Liebe!) mit zunehmender Menge einen immer geringeren Nutzen für uns bereithält. Oder einfacher erklärt: Eine Portion Tiramisu ist ein himmlischer Genuss, die zweite Portion ist schon nicht mehr ganz so spektakulär für uns. Das Ende vom Lied: Irgendwann würde exzessiver Tiramisu-Konsum dazu führen, dass uns das traumhafte Dessert Brechreiz verursacht. Traurig, aber wahr: Auch auf der Suche nach der großen Liebe, der prickelnden Erotik und der überwältigenden Leidenschaft wird das Gossensche Gesetz die Unentschlossenen gnadenlos treffen.

Zurück an den Start

Ironischerweise freuen sich die meisten einstmals Verlassenen, wenn die Ex-Partnerinnen eines Tages wieder reumütig vor der Tür stehen und um Gnade, Einlass und Vergebung bitten. Ganz nebenbei darf meistens noch ein Koffer voll schmutziger Wäsche gewaschen und das Lieblingsessen gekocht werden – schließlich versteht sie niemand sonst so gut. Spätestens an diesem Punkt solltest du dich kurz, aber heftig kneifen und dich offen und ehrlich fragen, ob das wirklich alles ist, was du dir von Beziehungen erwartest? Möchtest du bis an dein Lebensende die Notschlafstelle für Liebhaberinnen sein, die spät, aber doch erkennen, dass es mit dir gar nicht so übel war? Wenn du zu so einem Beziehungsverhalten neigst, solltest du dir schleunigst professionelle Hilfe suchen. Deine Ex-Partner*innen hingegen werden wieder das Weite suchen, und zwar schnell. Sie haben dich einmal verlassen, sie werden es wieder tun. Der Mensch ist ein Wiederholungstäter, so viel steht fest.

Willst du meine Ersatzmannschaft sein?

Oder die zweite Wahl, die Warmhalteplatte oder die stille Reserve für schlechte Zeiten und Durststrecken in Sachen Liebe? Diese Frage stellt uns am Beginn einer hoffnungsvollen neuen Romanze leider niemand so ehrlich, weil man sich damit ja wirklich alle Chancen, selbst bei den ganz Bedürftigen und Liebeshungrigen, verbauen würde. Tatsache ist jedoch, dass viele Menschen sich auf Beziehungen einlassen, obwohl ihnen von Anfang an klar ist, dass diese Person nicht den persönlichen Vorstellungen ihres Lebensmenschen entspricht. Das kann sich auf die Optik beziehen, auf das Alter, die Lebensumstände oder schlicht und ergreifend auf die Chemie, die einfach nicht stimmen will. Dennoch greifen wir lieber beherzt zum Spatz in der Hand, falls die Taube auf dem Dach sich noch nicht so bald blicken oder einfangen lässt. Wer hingegen auf der Suche nach der besseren Hälfte für ein gemeinsames Leben ist, vergeudet so nur seine Zeit. Unser Bauchgefühl warnt uns meistens schon recht frühzeitig, wenn wir an jemanden geraten sind, der es nicht wirklich ernst mit uns meint oder der nur eine oberflächliche Affäre sucht. Eine solche kann zwischendurch für beide Seiten durchaus erfrischend sein. Sobald man sich jedoch als Spielball einer On-Off-Beziehung wiederfindet, in der die Regeln jemand anders diktiert, sollte man lieber ein Ende mit Schrecken lancieren, bevor der endlose Schrecken der Unverbindlichkeit uns auf eine Reise nach Nirgendwo verschleppt.

Ja oder nein?

Es hat schon Gründe, warum man am Standesamt und vor dem Traualtar nur zwei Optionen zur Auswahl hat, wenn die Frage aller Fragen endlich gestellt wird. Das Leben und die Liebe sind kein utopisches Schlaraffenland, wo das hedonistische Lustprinzip regiert und „vielleicht“ eine probate Antwort darstellt. Auch „ich weiß nicht“ und „ich bin mir nicht sicher“ hat ein anderer Mensch nicht als Antwort verdient, der im Gegenzug sein ganzes Leben und jede Faser seiner Existenz in die Hände der Person legt, die ihm gegenübersteht. Jede Beziehung kommt irgendwann an einen Punkt, wo man entweder Teil des Abenteuers „Zukunft“ sein möchte oder seine Koffer packen sollte. Einen anderen Menschen als Warteraum für schlechte Zeiten zu missbrauchen, zeugt von Unreife und Verantwortungslosigkeit. Doch mindestens genau so schuldig ist die Gegenseite, die immer wieder brav die Tür öffnet und sich wie ein Lamm zur emotionalen Schlachtbank und vor allem: an der Nase herumführen lässt. Die Hoffnung, dass dieses Bleiben nun für immer sein soll, wird nämlich jedes Mal wieder aufs Neue enttäuscht. Es geht gar nicht anders. Wer dem Gott der Unverbindlichkeit sein Leben gewidmet hat, wird diesem gemütlichen Glaubensprinzip so schnell nicht wieder abschwören. Keine Verpflichtungen zu haben und ausschließlich Rechte und Annehmlichkeiten zu genießen, klingt wie ein guter Deal. Allerdings sollte man diesen spätestens dann kritisch hinterfragen, wenn man irgendwann allein auf weiter Flur zurückbleibt und keine Tür weit und breit sich mehr öffnen will. Das Leben ist schließlich immer gerecht, auch und vor allem zu den Ungerechten.