Ja, es gibt einen Unterschied zwischen Liebe und Lust

Liebe und Lust: Ganz ähnlich und doch ganz verschieden

Sie sind zwei der elementarsten menschlichen Gefühlswelten, die häufig Hand in Hand einhergehen. Doch gerade weil sie gerne gemeinsam die Bühne betreten, verwechseln viele Menschen sie immer wieder miteinander. Dabei sind sie völlig unabhängige Emotionen, die problemlos ohneeinander auskommen können und dies auch gar nicht so selten tun. Liebe kommt tatsächlich ohne Lust aus, Lust lebt sich auch ohne Liebe gut. Warum fällt es uns trotzdem so schwer, die beiden Gefühle zu unterscheiden? Und: Warum halten wir Lust so häufig für Liebe? Wir versuchen, die wichtigsten Fakten zu den beiden schönsten Emotionen des menschlichen Gefühlsspektrums ein wenig zusammenzufassen:

1. Was ist der Unterschied zwischen Liebe und Lust?

Schwierige Frage, kurze Antwort: Liebe entspringt hauptsächlich emotionaler, spiritueller und geistiger Intimität. Lust basiert hauptsächlich auf körperlicher und sexueller Intimität. Das wichtige Schlüsselwort in dieser knackigen Erklärung ist „hauptsächlich“. Gerade die Tatsache, dass die Grenzen hier häufig verschwimmen und wir selten ganz genau zuordnen können, welches Gefühl uns gerade übermannt, macht ein Differenzieren so schwierig.

2. Was definiert Liebe?

Auf den Punkt oder mehrere Punkte gebracht ist Liebe:

– manchmal sexueller Natur

– von Gefühlen dominiert

– eine romantische, emotionale und geistige Verbindung

– manchmal geprägt von starker körperlicher und sexueller Verbundenheit

– mit oder ohne Lust möglich.

3. Was definiert Lust?

Im Gegensatz zur Liebe ist Lust:

– immer sexueller Natur

– körperlich dominiert

– eine sexuelle und körperliche Verbindung

– manchmal begleitet von romantischer, emotionaler oder geistiger Verbundenheit

– mit und ohne Liebe möglich.

4. Wie können wir sicher sein, was wir fühlen?

Im Prinzip reagieren wir sehr deutlich, was bestimme Personen betrifft. Wenn wir sexuell erregt sind oder es entsprechende Fantasien in unserem Kopfkino ganz schön bunt treiben, ist unser Interesse an ihr oder ihm überwiegend körperlicher Natur. Herzklopfen kann beide Seiten der Medaille bedienen. Es spricht für Liebe, ein erhöhter Puls geht aber auch – ähnlich wie geweitete Pupillen – ganz deutlich mit erotischem Verlangen einher. Fragst du dich bei jedem Treffen, was sie oder er darunter trägt? Schaust du ihm oder ihr zwar tief in die Augen, hörst aber kein Wort von dem, was gesagt wird? Dann bist du im Geiste schon in der Horizontalen, aber eher nicht in Richtung Traualtar unterwegs. Wenn dich hingegen Fragen beschäftigen wie „Wann soll ich ihn oder sie meinen Freund*innen, meiner Familie vorstellen?“ oder: „Wie würde unsere gemeinsame Zukunft aussehen?“, dann sind dein Herz und deine Seele auf Liebe eingestellt. Wenn du dir immer noch nicht ganz sicher bist, gibt es eine Killer-Frage, die jeden Zweifel beseitigen kann: „Kann sie die Mutter, kann er der Vater meiner Kinder sein?“ Selbst wenn die Sache mit der Familienplanung (noch) kein Thema für dich ist, wird die Antwort darauf dich einen entscheidenden Schritt weiterbringen.

5. Wie erkennen wir, was andere empfinden?

Hier wird es leider schwierig bis unmöglich, eine zufriedenstellende Antwort zu finden. Das Problem dabei: Wir interpretieren zu viel und wissen unterm Strich zu wenig. Das Einzige, was uns hier wirklich Klarheit verschaffen kann, ist ein klärendes Gespräch. Wenn du nach einer gewissen Zeit der Gemeinsamkeit zumindest eine Idee davon haben möchtest, wie sie oder er zu dir steht, dann hilft dir nur das gute alte „Fragt, und es wird euch geantwortet“ weiter. Natürlich sind es gute Zeichen, wenn deine neue Eroberung viel Zeit mit dir außerhalb des Schlafzimmers verbringen möchte. Auch das Preisgeben von sehr persönlichen, intimen Details über sich selbst zeugt von Vertrauen. Wenn jemand unbedingt alles über dich wissen will, dir viele Fragen stellt und daran interessiert ist, mehr über dich und deine Familie und Freunde zu erfahren, kannst du schon einmal vorsichtig optimistisch sein. Trotzdem gilt: Spekulieren, wünschen und träumen heißt nicht wissen. 

6. Wie können wir die Liebe kultivieren?

Die Liebe will gepflegt, geachtet und respektiert werden. Sobald wir sie für selbstverständlich nehmen, fügen wir ihr Schaden zu. Die Kultivierung der Liebe erfordert in erster Linie aber auch Anstrengungen von uns. Dazu zählen Verständnis, Kompromissbereitschaft, Geduld und Akzeptanz. Liebe kann mit der Zeit entstehen, ist manchmal aber eben auch einfach vorhanden oder nicht. Der größte Feind der Liebe ist der Zwang. Etwas mit Gewalt übers Knie zu brechen, wird niemals von Erfolg gekrönt sein.

7. Wie können wir mehr Lust in unser Leben bringen?

Hier steht am Anfang ganz klar die Kommunikation. Wer den Weg weitergehen möchte, muss nach der besten Route fragen. Wenn du merkst, dass dieser Wunsch auf Gegenliebe stößt, macht euch gemeinsam Gedanken darüber, was das Feuer der Lust wieder mehr anfachen könnte. Liest Bücher, schaut gemeinsam Filme oder probiert Dinge aus, die euch ansprechen und eure Neugier wecken. Die Lust folgt dann meist auf dem Fuße.

8. Liebe oder Lust: Wer gewinnt?

Diese Frage ist leicht zu beantworten: niemand. Im Duell von Liebe und Lust wird es – solange es uns Menschen gibt – immer 1:1 stehen. Warum? Weil beide Gefühle für den Fortbestand der Menschheit essenziell sind und wir auf keines verzichten können. Jede Person für sich kann aber natürlich entscheiden, was ihr wichtiger ist und welchen Zustand sie für sich in ihrem Leben haben möchte.

9. Was will ich?

Wir dürfen beides wollen. Es wäre sogar falsch, sich mit nur einem davon abzufinden. Wenn du auf der Suche nach einer erfüllenden Liebesbeziehung mit Zukunftspotenzial bist, du dich im Moment allerdings in einer rein körperlichen Affäre wiederfindest, wird das nicht der Königsweg für dich sein. Natürlich kannst du das erotische Zwischenspiel noch eine Zeit lang weiterlaufen lassen. Mache jedoch nicht den Fehler, mit einem „Upgrade“ zu gegebener Zeit zu rechnen. Natürlich gibt es Beziehungen, die aus lustvollen Affären entstanden sind. Wenn nach einer gewissen Zeit aber immer noch das Schlafzimmer der einzige gemeinsame Nenner ist, besteht kaum Entwicklungspotenzial.

10. Wie bekommen wir, was wir möchten?

Es hilft enorm, zu wissen, was das konkret ist. Wenn du die Dinge gerne locker und unverbindlich hältst, gibt es dieser Tage viele Möglichkeiten, Gleichgesinnte kennen zu lernen. Wenn du ernsthaft an die Zukunft denkst und Familienplanung ein fixer Bestandteil auf deiner Agenda ist, solltest auch mit diesem klaren Ziel vor Augen auf Partner*innensuche gehen. Plattformen wie Tinder und Co. sind dann nicht das richtige Forum für dich. Wichtig: Kommuniziere deine Wünsche möglichst bald nach dem Kennenlernen. So ersparst du dir und deinem Gegenüber leere Kilometer. 

Liebe und Lust: Warum der Unterschied keinen Unterschied macht

Beide Gefühle sind mächtig und stark, beide haben Platz in unserem Leben verdient. Wenn wir eines ablehnen und nur das andere möchten, ist das ebenso in Ordnung, wie die Augen auf das Gesamtpaket zu richten. Unsere Bedürfnisse sind so individuell wie wir selbst. Der einzige echte Fehler wäre es in diesem Zusammenhang, den Wunsch nach Liebe oder das Verlangen nach Lust zu unterdrücken. Hier Kompromisse einzugehen – weil vielleicht der Partner nur Lust will, aber keine Liebe – wird uns über kurz oder lang ins Unglück stürzen. Eine Liebe ohne Lust hingegen kann funktionieren, für den lustvollen Teil aber auf Dauer frustrierend und nicht erfüllend sein.