6 Arten von ungesunden Vater-Tochter-Beziehungen

Väter, Töchter und ein ganz besonderes Band

Die Rolle, die der eigene Vater in unserem Leben spielt, wird oft erst nach seinem Tod so richtig klar. Bis dahin war er häufig eher das Elternteil, das als Rückendeckung der Mutter fungierte oder wahlweise die Strenge in Person oder die Verwöhn-Fraktion dargestellt hat. Manche Töchter sind den Vätern näher als der Mutter, was an sich nichts Schlechtes bedeuten muss. Einige kämpfen ihr Leben lang um Akzeptanz und Anerkennung durch den Vater. Die Natur hat die Vaterfigur ursprünglich als Ernährer und Beschützer der Familie „konzipiert“, was ihn von vornherein eher in eine indirekte Rolle bei der Kindererziehung abdrängt. Erst die Reformbewegungen der 1970er-Jahre haben das Väterbild von einem passiven Versorger zu einem aktiven Erzieher hin zu wenden versucht. Selbst heute, wo Väterkarenz und sogar alleinerziehende Väter keine Ausnahmeerscheinung mehr sind, kommt den männlichen Elternteilen noch immer eine Art Außenseiterrolle bei der Kindererziehung zu. Während es bei den Söhnen völlig auszureichen scheint, ein gutes Vorbild abzugeben, so verlangt das Rollenbild „Vater einer Tochter“ den Protagonisten um einiges mehr ab. Schließlich legt er mit seiner Performance den Grundstein für alle ihre Beziehungen zu Männern im späteren Leben. Vater einer Tochter zu werden ist also nicht schwer, es zu sein dagegen sehr. Alles richtig machen wird niemand. Es würde tatsächlich schon reichen, nicht alles falsch zu machen. Wir zeigen dir hier sechs Varianten auf, wo die Dinge ganz eindeutig in die falsche Richtung laufen:

1. Der grenzenlos verwöhnende Vater

So schön in der Theorie die Vorstellung davon ist, jemandes Prinzessin zu sein, so schädlich kann eine solche „Erziehung“ für die Tochter im Endeffekt sein. Ein Vater, der ohne einen Gedanken an die Konsequenzen seiner Tochter alles und noch mehr zu Füßen legt, schafft einmal mehr mit „gut gemeint“ das Gegenteil von gut. Auch wenn es vielen Männern immer noch schwerfällt, ihre Liebe und Zuneigung zu zeigen, so ist das Überschütten mit Geschenken und das Fehlen jeglicher Limits der falsche Weg dorthin. Auch besteht ein feiner, aber wichtiger Unterschied darin, der nachgiebige und „lockere“ Elternteil im Vergleich zur Mutter zu sein, oder deren Erziehung gnadenlos zu boykottieren. Kinder lernen sehr schnell, wie sie ihre Elternteile zu ihren Gunsten gegeneinander ausspielen können. Väter, die ihren Töchtern wirklich etwas Gutes tun wollen, machen dies in Absprache mit der Mutter. Sonst entstehen innerhalb der Familie irgendwann balkanähnliche Verhältnisse, die einem harmonischen Miteinander diametral gegenüberstehen. Doch auch mit dem Beschützen können es die Helikopter-Väter übertreiben. Vertrauen ist noch immer die bessere Kontrolle.

2. Der missbräuchliche Vater

Der körperliche, sexuelle oder psychische Missbrauch ist mit Sicherheit die schlimmste Version einer Vater-Tochter-Beziehung. Sie führt nicht nur dazu, dass Kindheit und Jugend der betroffenen Mädchen zu einer Tortur ohne Ende werden, sondern verbauen ihnen auch die Chance auf unbeschwerte Beziehungen im Erwachsenenalter. Jedes Verhalten des Vaters, das die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Würde seiner Tochter gefährdet, muss daher als Missbrauch angesehen werden. Selbst wenn „nur“ abwertende und demütigende Äußerungen auf der Tagesordnung stehen, regiert in dieser Vater-Tochter-Beziehung eine ungesunde Haltung. 

3. Der abwesende Vater

Er mag tatsächlich physisch abwesend sein oder einfach nur ganz und gar desinteressiert am Leben seiner Tochter: Der abwesende Vater hinterlässt eine Lücke, die viel Spielraum für Interpretation, aber auch für spätes Glorifizieren lässt. Er ist gewissermaßen wie eine weiße Leinwand, auf die die Mutter, aber auch die Tochter selbst ihren Projektionen freien Lauf lassen können. Der Vater fehlt in diesem Konstrukt nicht nur, er wird wahlweise auch entweder verteufelt oder vergöttert, je nachdem, welches Narrativ gewinnt. Ist der Vater verstorben, liegt es an der Mutter, seine Erinnerung für die Kinder aufrecht zu halten und zu pflegen. Sie allein entscheidet, ob sie einen Helden aus ihm macht oder seinen Verlust in keinster Weise betrauert. Hat er die Familie verlassen, wird die Geschichte ihm wahrscheinlich immer den Schwarzen Peter zuspielen, auch wenn die Umstände vielleicht etwas Differenzierung verdient hätten. Auch schwierig, aber immerhin real wird die Situation, wenn der Vater zwar vorhanden ist, aber durch und durch passiv am Familienleben teilnimmt. Im besten Fall kann man sich mit der „Besser-als-nichts“-Sichtweise trösten. 

4. Der destruktive Vater

Hohe Ansprüche, eine niedrige Toleranzgrenze und stark überzogene Vorstellungen von dem, was aus seiner Tochter einmal werden soll, hat der destruktive Vater-Typus. Vermutlich hatte er selbst keine schöne Kindheit und kann diese nun auch seiner Tochter nicht gönnen. Er lebt nach dem „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“-Prinzip und ist vielleicht sogar tatsächlich überzeugt davon, seinen Kindern damit einen guten Dienst zu erweisen. Dieser Charaktertyp tendiert häufig dazu, das Familienleben mit Affären oder anderen schlechten Angewohnheiten zu gefährden und zu einem fragilen Konstrukt werden zu lassen. Die Töchter lernen von ihm, dass Beziehungen gefährlich und mit Vorsicht zu genießen sind. Oder aber sie fühlen sich ihr Leben lang zu den „bösen Jungs“ hingezogen, auf der Suche nach einer späten Verbindung zum eigenen Vater.

5. Der toxische Vater

Er ist aggressiv, kontrollierend, manipulativ und undurchschaubar. Seine Stimmungen schwanken von der Liebenswürdigkeit in Person bis hin zu hemmungsloser Wut, die er mit Vorliebe an den Schwächeren auslässt. Toxische Väter werden nicht selten handgreiflich und gehen davon aus, dass ihre Familie ihr Eigentum ist. Sie machen es ihren Töchtern schwer bis unmöglich, ihren eigenen Weg zu gehen und ihrer Bestimmung zu folgen. Vor toxischen Vätern bleibt oft nur die Flucht als einziger Ausweg. Solange der Kontakt aufrecht bleibt, funktioniert ihr Netzwerk aus Charme und Demütigung wie am Schnürchen.

6. Der Vater, das Wrack 

Alkoholiker, Drogensüchtiger, Spieler, notorischer Desperado, Lügner und Betrüger oder ständig bankrott: Auch so können Väter sein. Wer schon als Kind mitbekommt, dass Männer unzuverlässig, nicht vertrauenswürdig und schwach sind, wird sich schwer tun damit, später erfüllte Beziehungen einzugehen. Kinder bekommen sehr viel mehr vom Geschehen der Erwachsenen mit als diese ahnen. Eine Kindheit, die von Armut oder einer Sucht geprägt ist, hinterlässt deutliche Spuren bei den Mädchen und jungen Frauen. Ihre eigenen Beziehungen werden später im Leben von Vorsicht und Misstrauen geprägt sein, da sie die Vorzeichen kennen, die zwielichtige Subjekte beim ersten Kennenlernen aussenden.

Wollen Mädchen wirklich Papa heiraten?

Angesichts dieser sechs Negativ-Beispiele gerät diese Theorie natürlich stark ins Hintertreffen. Tatsache ist allerdings, dass wir uns unsere späteren Partner sehr wohl anhand der Vorbilder aussuchen, die unsere Eltern einst für uns waren. Das kann nun gut oder schlecht für uns sein, obliegt jedoch nicht zu 100 Prozent unserem freien Willen. Psycholog*innen gehen davon aus, dass die frühkindliche Prägung auf bestimmte Gesichtszüge, Staturen und andere Eigenschaften hier Regie führt. Deutlich wird dieser Aspekt der Partner*innenwahl spätestens auf Familienfotos, wenn eine Generation der anderen aufs Haar zu gleichen scheint. Interessant hingegen wird die Lage, wenn die Väter mit den Schwiegersöhnen nicht zurande kommen, obwohl diese jüngere Abziehbilder ihrer selbst sind. Die Antwort lautet also eher: Nein, Mädchen wollen nicht immer ihre Väter heiraten. Doch diese wollen ihre Töchter so gut wie niemals hergeben. Selbst wenn der Schwiegersohn sie ganz stark an jemanden erinnern sollte, den sie früher einmal kannten.