Dinge, über die sich Menschen, die gerne allein sind, keine Sorgen machen

Sorglose Solotänzer*innen auf der Bühne des Lebens

Menschen, die gerne und viel Zeit mit sich selbst verbringen, können von dieser Gabe nur profitieren. Sie werden niemals einsam sein, denn ihre eigene Gesellschaft reicht ihnen völlig. Sie sind in der Folge glücklicher und zufriedener mit ihrem Leben und schaffen es besser als die meisten ihrer Mitmenschen, das Maximum aus ihrem Dasein herauszuholen. Auf der gesellschaftlichen Leiter sind sie meist souverän im oberen Drittel zu finden, da sie sich besser auf berufliche Erfolge fokussieren können und kreativer und produktiver sind als Menschen, die unbedingt das Bad in der Menge benötigen, um sich vollständig zu fühlen. Doch das Wertschätzen von Ich-Zeit bringt noch einige andere Vorteile mit sich, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht vermuten würde. Um folgende Dinge machen sich die Introvertierten unter uns nämlich absolut keinen Kopf:

1. Ihren Platz im Leben der anderen

Wer sich selbst genug ist, braucht eigentlich kaum mehr andere Menschen um sich herum. Soziale Kontakte sind zwar wichtig für unser Wohlbefinden, manche Menschen kommen jedoch mit dem absoluten Minimum aus. Einer der vielen Vorteile davon ist der, dass es keine Rolle spielt, wie wichtig sie für andere sind und was diese über sie denken. Wer seinen Platz im Leben gefunden hat und dieses um die eigene Person zu zentrieren versteht, hat keinerlei Bestätigung von außen mehr nötig. Wer den Kontakt aufrechterhalten will, kann dies gerne tun. Menschen, die sich gerne von der Welt zurückziehen und allein ihre Umlaufbahn bespielen, werden aber niemandem hinterherrennen oder darum bitten, sich mit ihnen zu beschäftigen. Einsame Wölf*innen sind meist beruflich sehr gut situiert und könnten theoretisch jederzeit auf ein ganzes Netzwerk an Kontakten zurückgreifen. Allein: Es interessiert sie nicht. Sie nutzen ihre freie Zeit lieber für ihre geistige und körperliche Regeneration, pflegen häufig kreative Hobbies und widmen sich den schönen Dingen, ohne dabei gestört oder unterbrochen zu werden.

2. Gefühle meistern? Kein Problem!

Wer viel Zeit mit sich allein verbringen darf, hat irgendwann jede Menge Übung darin, die eigenen Gefühle zu sortieren. Was bei anderen Menschen oft zu kurz kommt, nämlich die Pflege ihres emotionalen Inventars und ihrer Psyche, steht bei Einzelgänger*innen an der Tagesordnung. Kaum jemand sonst lebt so bewusst und achtsam wie diese Menschen. Sie haben reichlich Zeit und nutzen diese auch, um jeder Gefühlsregung nachzugehen und keine emotionale Spitze oder Talsohle unbeachtet zu lassen. Wer die wichtigste Beziehung in seinem Leben exklusiv mit sich selbst führen darf, wird sorgsam mit seiner Gefühlswelt umgehen. Außerdem ist die Frage, wer sich sonst um das eigene Wohlergehen und das persönliche Glück kümmern könnte, ohnehin schnell beantwortet. Einzelgänger*innen sind perfekte Beispiele dafür, dass niemand sonst uns glücklich machen kann außer wir selbst. Diesen Job kann man nicht delegieren.

3. Was andere Menschen über sie denken

Wer sehr gut ohne andere zurechtkommt, kann sich auch sinnlose Gedankengänge darüber sparen, was diese wohl über sie oder ihn so denken. Wer am liebsten solo durchs Leben streift, ist selbst sein bestes Team, die eigene Kontrollgruppe und der persönliche Fanclub. Die Bestätigung von außen ist weder notwendig noch erwünscht. Außerdem wäre ohnehin sonst niemand ausreichend kompetent, um eine fundierte Meinung zum Leben in der Ich-AG zu äußern. Wer immer und überall auf sich selbst zählen kann, benötigt die Meinung oder Wertschätzung anderer nicht. Meist sind es ohnehin nur wenig schmeichelhafte Worthülsen, die man zu hören bekäme. Wer niemandem in seinem Leben braucht, hat auch keine zweite Meinung nötig.

4. Mangelnde Produktivität 

Wie bereits erwähnt sind Einzelgänger*innen häufig beruflich sehr erfolgreich und frönen darüber hinaus noch mindestens einer kreativen Freizeit- oder Nebenbeschäftigung. Sie können das, weil sie jede Minute für sich und daher aus ihrer Perspektive bestmöglich nutzen können. Einen Leerlauf kennen sie nicht, ebenso wenig wie Langeweile einen Platz in ihrem Leben hat. Wer sich immer und überall auf das konzentrieren kann, was ihn am meisten beschäftigt und umtreibt, der kann sich über mangelnde Produktivität absolut nicht beklagen. Interessanterweise wäre dieser Typ Mensch unter anderen Umständen höchst anfällig für ein Burnout. Allerdings finden sich die Introvertierten nur sehr selten unter diesen Patient*innen. Sie geben zwar immer alles, nutzen dann aber auch wieder ihre freie Zeit weise, um sich zu erholen. Die Eigenliebe kommt bei aller Produktivität nämlich niemals zu kurz.

5. Empathie und Mitgefühl

Wer nun denkt, dass selbsternannte soziale Außenseiter*innen egoistisch und kaltherzig sein müssen, irrt gewaltig, im Gegenteil. Sie weisen ein überdurchschnittlich hohes Maß an Sozialkompetenz auf und haben jede Menge Verständnis für ihre Mitmenschen. Auch dieser Umstand resultiert aus der Tatsache, dass sie eben viel Zeit erübrigen können, um sich Gedanken zu machen. Es gelingt ihnen mühelos, sich in die Herzen und Köpfe anderer Personen hineinzuversetzen, da sie selbst ja so etwas wie eine weiße Wand in Sachen sozialer Interaktion sind. Man könnte fast behaupten, dass moderne Eremit*innen so etwas wie natürliche Empathen sind. Sie zeichnen sich dadurch aus, aufmerksame Beobachter*innen und mitfühlende Zuhörer*innen zu sein. Diese wertvollen Eigenschaften machen sie zu besonders anziehenden Bezugspunkten für jene Mitmenschen, die Hilfe oder Zuspruch benötigen. Introvertierte wären daher die idealen Vorgesetzten in Bereichen, wo der menschliche Faktor mehr im Vordergrund stehen sollte.

6. Überall mit dabei sein zu müssen

Die schlimmste Form von Stress, der wir uns selbst aussetzen können, ist der Freizeit-Stress. Wer jedes Wochenende durchgetaktet hat bis zum Anschlag und keine freie Minute ohne einen fixen Programmpunkt verbringen kann, ist auf dem besten Weg in ein handfestes Burnout. Diese Gefahr ist im privaten Bereich deshalb noch größer als im Job, weil wir sie erst erkennen können, wenn es schon zu spät ist. Außerdem pflegen wir nicht nur unser gesellschaftliches Leben bis zum Anschlag, sondern – was das betrifft – auch unseren blinden Fleck. Moderne Einsiedler*innen hingegen wählen die Veranstaltungen mit Bedacht, denen sie beiwohnen und gehen oft wochenlang überhaupt nicht unter Menschen. Es müssen schon ganz besondere Umstände oder Darbietungen sein, um sie aus ihrer selbstgewählten Isolation herauslocken zu können. Der Preis dafür ist eine äußerst stabile Psyche und eine überdurchschnittlich gute Gesundheit. Auch emotional vermissen sie nichts, im Gegenteil. Wenn sie Orte mit vielen Menschen besuchen, brauchen sie anschließend oft Tage, um die vielen Eindrücke verarbeiten zu können. Andere Menschen erschöpfen sie, sie bereichern ihr Leben nicht.

Auf der Insel der Seligen zu Hause

Die Gabe des Alleinseins ist ein großes Geschenk. Zu wissen, dass man alles im Leben schaffen kann ohne fremde Hilfe, ist ein enormer Startvorteil für alle geplanten Unternehmungen. Auch den Verlust von geliebten Menschen hat man weniger zu fürchten, wenn die Beziehung zum eigenen Ich eine stabile und unerschütterliche ist. Man ist kaum abhängig von seinen Zeitgenoss*innen und deren Meinung und kann nach Herzenslust seine Interessen und Leidenschaften pflegen. Die Enttäuschungen im zwischenmenschlichen Bereich halten sich ebenfalls in überschaubaren Grenzen. Man ist produktiv, erfolgreich, emotional stabil, zufrieden, glücklich und immer auf der sicheren Seite zu Hause. Nur eines wird man als moderne/r Einsiedler*in tatsächlich niemals sein: einsam.