8 Zeichen, dass du der Sündenbock in einer giftigen Familie bist

Immer schuldig, niemals im Recht

Toxische Familien haben ihre ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten und Funktionsweisen. Ja, auch sie funktionieren irgendwie, aber eben ganz anders als Familien, in denen die Rollen auf gesunde Art und Weise verteilt sind. Wenn du das Pech hast, in einer dysfunktionalen Gemeinschaft groß geworden zu sein, kann dich das bis ins Hier und Jetzt verfolgen. Der Verwandtschaft kann man bekanntlich nicht kündigen. Besonders schwierig ist die Lage für jene unter uns, die schon als Kind immer der Sündenbock für alles waren, was in ihrem gestörten Familienkonstrukt schief zu laufen pflegte. Wie man sich vorstellen kann, ist das in toxischen Familien so einiges. Die Funktion des Sündenbocks ist eine lebenslange. Selbst wenn es dir gelingen sollte, dich komplett von deinen Eltern und Geschwistern loszusagen, wird der Hauch der Schuld an dir haften bleiben, von deinem schlechten Gewissen ganz zu schweigen. Denn: Auch wenn eine Familie toxisch ist, so ist und bleibt sie doch die einzige, die wir haben. Wir zeigen dir acht sichere Anzeichen dafür, dass du irgendwann in die Rolle der/des Dauer-Schuldigen gedrängt wurdest:

1. Du bist immer an allem schuld.

Der Sündenbock in einer Familie hat eine hauptsächliche, ganz „praktische“ Funktion zu erfüllen: Sie oder er ist grundsätzlich immer schuld, wenn etwas schiefläuft. Das können kleinere Pannen des Alltags sein, finanzielle Probleme bis hin zu Streitigkeiten, die an der Tagesordnung stehen. Die Stigmatisierung als Schuldige/r macht es den anderen Familienmitgliedern einfach, ihr eigenes Versagen in den toten Winkel zu verdrängen. Dysfunktionale Familien haben allerdings in der Regel so viele Probleme und Baustellen zu bewältigen, dass die Schuldfrage sich irgendwann wie ein unerwünschtes Dauerabonnement für den Sündenbock anfühlt.

2. Man erwartet von dir, alles gerade zu biegen

Zeitgleich mit der immerwährenden Schuldzuweisung bist du auch die- oder derjenige, der dann den entstandenen Schaden wiedergutmachen soll. Du trägst die Verantwortung für beide Seiten der Medaille. Das ist nicht nur – gerade von Kindern – viel zu viel verlangt, sondern auch ein Ding der Unmöglichkeit. Erwachsene, die Kindern Schuld und Sühne gleichermaßen aufbürden, verhalten sich eindeutig missbräuchlich und sind als Eltern eine Fehlbesetzung. Meist bedienen sie sich zusätzlich noch mentaler Winkelzüge, um dich restlos davon zu überzeugen, dass das alles so schon seine Ordnung hat. Wenn du beispielsweise immer für alle und alles sorgen musst, wird dir suggeriert, dass dies deinen Charakter stärken und dich zu einem besseren Menschen machen wird. Eltern, die ihre Kinder so instrumentalisieren, reden ihnen häufig erfolgreich ein, dass das nur zu ihrem Besten geschieht.

3. Du bist ständigen verbalen Angriffen ausgesetzt

Mit deiner Rolle als Sündenbock und Problemlöser*in ist es in toxischen Familien leider noch nicht getan. Du bist wahlweise auch noch der Punchingball und Prügelknabe, wenn es die Situation erforderlich macht. Fast scheint es so, als ob ein Atemzug von dir schon ausreicht, um den allgemeinen Groll auf dich zu ziehen. Eltern, die ihre Kinder als Ventil für ihren Ärger benutzen, richten damit weit mehr Schaden an, als ihnen bewusst ist. Sie übertragen dieses Verhalten dann häufig auch auf die Geschwisterkinder, die das eine schwarze Schaf dann ebenfalls benutzen, um ihren Aggressionen Luft zu machen. Es ist leider sehr leicht, all die eigenen Misserfolge und Rückschläge auf andere zu projizieren. Ist diese ungesunde Dynamik einmal in Gang gesetzt worden, gibt es für die Betroffenen kaum mehr ein Entkommen.

4. Deine körperliche und mentale Gesundheit leidet darunter

Dieser Umstand erscheint nur logisch. Kinderseelen können dauerhafte Angriffe nur schwer verstehen, geschweige denn aus eigener Kraft bewältigen. Das Schlimme an solchen Missbrauchsattacken in der Kindheit ist, dass es den Opfern davon auch im Erwachsenenleben kaum möglich ist, ein normales Leben mit gesunden Beziehungen zu anderen zu führen. Ohne professionelle Hilfe wird man der Rolle des Sündenbocks kaum entkommen.

5. Man macht sich gerne lustig über dich

Als ob Sündenbock, Prügelknabe und schwarzes Schaf noch nicht genug negative Rollenbilder sind, in die man als Kind gedrängt werden kann, so kommt häufig noch die Rolle des Hofnarren zu dieser missbräuchlichen Trias hinzu. Du wirst vorgeführt, gemobbt und vor anderen Menschen lächerlich gemacht. Dein Aussehen, dein Verhalten, deine ganze Existenz wird laufend Zielscheibe von Hohn und Spott. Dieses ständige Martyrium und die permanente Erniedrigung führen irgendwann dazu, dass diese Kinder und jungen Erwachsenen sich komplett von der Welt zurückziehen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

6. Deine Gefühle werden komplett ignoriert

Es ist angesichts der bereits aufgezeigten Fakten eigentlich unnötig zu erwähnen, aber dein Befinden, deine Bedürfnisse und dein Leid spielen im Kontext einer toxischen Familie keine Rolle mehr, wenn du einmal zum Sündenbock abgestempelt worden bist. Man nimmt dir fast das Recht auf Menschlichkeit, da es natürlich leichter ist, jemanden zu treten, der keinen Schmerz und keine Scham zu empfinden scheint. Je stärker sich dieses objektivierte Bild bei deinen Peinigern manifestiert, desto schlimmer wird die Lage für dich. Auch als Erwachsene/n kümmert es niemanden, wie es dir geht. Es wird weiterhin von dir verlangt, dass du alles regelst und stillschweigend die Schuld für alles auf dich nimmst, was im familiären Umfeld in die Brüche geht.

7. Deine Erfolge werden nicht anerkannt

Damit der Sündenbock auf Dauer funktioniert, muss er kleingehalten werden und an der kurzen Leine bleiben. So etwas wie Erfolgserlebnisse oder Beachtung darf es nicht geben, da sie oder er sich sonst entwickeln und seinen eigenen Weg gehen könnte. Missbräuchliche Eltern mögen nicht viel Ahnung von Kindererziehung haben, welche manipulativen Knöpfe sie jedoch drücken müssen, damit ihr „perfektes“ dysfunktionales Konstrukt nicht auseinanderbricht, wissen sie sehr wohl.

8. Du bist der gemeinsame Nenner ihrer Probleme

Es ist schon beinahe ein psychologisches Glanzstück, wenn es nicht so traurig und dramatisch für die Betroffenen wäre: Missbräuchliche Eltern schaffen es mit Bravour immer wieder, das Sündenbock-Kind als Ursache für die gesamte Problem-Palette des eigenen Lebens zu definieren. Jede verspasste Chance, jede vertane Gelegenheit und jeder zutiefst persönliche Fehler wird dem Hauptschuldigen angelastet. Die Eltern und Geschwister reden sich lange genug dieses Trugbild ein, sodass ein Abweichen davon irgendwann gar nicht mehr möglich ist.

Hat das Sündenbock-Dasein auch etwas Gutes?

Einer toxischen Familie zu entkommen und eine missbräuchliche Kindheit erfolgreich hinter sich zu lassen, kann an sich schon als großartige Leistung verbucht werden. Selbst wenn diese ohne professionelle Hilfe nur selten gelingt, kann dieser Durchbruch für das angeschlagene Selbstwertgefühl ein enormer Kick sein und darf auch ruhig so verstanden werden. Sündenbock-Kinder können durchaus gefestigt aus so einer Vergangenheit hervorgehen. Wenn es ihnen gelingt, Beziehungen zu leben und eigene Familien zu gründen, werden sie es besser machen können als ihre Eltern. Sie können aber noch sehr viel mehr. Wenn sie es schaffen, ihre Erfahrungen zu teilen und anderen Menschen damit Mut zuzusprechen, leisten sie einen enormen Beitrag dazu, dass ihre Geschichte sich nicht zwangsläufig wiederholen muss. Nur Menschen, die von diesem Schicksal selbst betroffen waren, können anderen Opfern wirklich echte Hilfe anbieten. Die eigene gestohlene Kindheit bekommt man so leider nicht zurück. Aber vielleicht kann man helfen, eine andere noch in eine bessere Richtung zu lenken.