8 Frühwarnzeichen einer psychischen Erkrankung

Wenn die Psyche Hilfe braucht

Ein Tabuthema, über das nach wie vor niemand gerne spricht, sind psychische Erkrankungen. Die Betroffenen können sich die Veränderungen oft selbst nicht erklären, denen sie plötzlich ausgesetzt sind. Ihr Umfeld erkennt das ganze Ausmaß oft erst, wenn die Symptome nicht mehr zu leugnen sind. Doch wie bei allen Erkrankungen gilt auch hier: Je früher man sie erkennen kann, desto besser und effektiver kann den Patient*innen geholfen werden. Die ersten Anzeichen sind oft atypisch und würden nur von den wenigsten Menschen mit psychischen Ursachen in Verbindung gebracht werden. Wir zeigen dir hier 8 Frühwarnzeichen, die auf eine psychische Erkrankung hindeuten können:

1. Soziale Isolation

Ein deutlicher Hinweis auf psychische Belastung ist der Rückzug aus dem gewohnten sozialen Umfeld. Wenn Menschen plötzlich und schier grundlos beginnen, ihrem gesellschaftlichen Leben aus dem Weg zu gehen, ist Alarmbereitschaft angezeigt. Solche Phasen können kürzer oder länger andauern. Die Abstände zwischen ihnen können irgendwann jedoch immer kürzer werden. Was folgt ist die totale Selbstisolation, die nicht selten weite Kreise zieht. Ein Ausüben des Berufes beispielsweise ist irgendwann nicht mehr möglich, die Körperpflege wird vernachlässigt und das Familienleben leidet enorm unter diesen Veränderungen. Besonders bei ansonsten sehr geselligen und gut integrierten Mitmenschen ist ein Rückzug kritisch zu beurteilen.

2. Schlaf- und Essgewohnheiten verändern sich deutlich

Unsere psychische Gesundheit geht Hand in Hand mit reichlich Schlaf und gesunder Ernährung. Umgekehrt sind wir von Schlafstörungen immer dann betroffen, wenn wir mentalen Belastungen und Stress ausgesetzt sind oder unser Kopfkino einfach nicht zur Ruhe kommen will. Auch das Essen beinhaltet eine starke psychische Komponente, die nicht selten die Oberhand über die reine Nahrungsaufnahme gewinnt. Frust- oder Stressesser*innen verlieren irgendwann die Kontrolle über die neue, liebgewonnene Eigentherapie, und eine Essstörung ist die Folge. Doch auch das völlige Entfallen jeglichen Hungergefühls und chronische Appetitlosigkeit sind Alarmsignale von Körper und Seele. Wenn physiologische Krankheitsbilder ausgeschlossen werden können, sollte unbedingt mit den Betroffenen ein Gespräch über ihren Mentalzustand angestrebt werden.

3. Verzerrte Wahrnehmung der Realität

Weitere, sehr deutliche Frühwarnzeichen für eine psychische Erkrankung sind Schwierigkeiten, die Realität wahrzunehmen. Dieses Symptom kann von Fehlinterpretationen von Gesprächen oder Handlungen anderer Personen bis hin zu ausgeprägten Wahnvorstellungen und Halluzinationen reichen. Es handelt sich hierbei häufig um die Vorboten einer Psychose. Dabei unterliegt unser Gehirn einer Störung in der Verarbeitung von Eindrücken und unserer persönlichen Wahrnehmung. Das, was tatsächlich passiert, und das, was unser Gehirn als „Wahrheit“ erkennt, sind dann zwei völlig verschiedene Dinge. Die Betroffenen hören Stimmen und sehen Bilder, die tatsächlich nur in ihrem Kopf existieren. In der Folge entwickeln sie nicht selten eine ausgeprägte Paranoia, was ihre Mitmenschen und deren Handlungen betrifft. Gerade im Fall von Psychosen kann es ein enormer Vorteil sein, frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

4. Körperliche Beschwerden ohne erkennbare Ursachen

Alle unsere Emotionen spiegeln sich in physischen Manifestationen wider. Zum Beispiel werden wir ganz unruhig und zappelig, wenn wir aufgeregt oder nervös sind. Wir verkrampfen uns, wenn wir Angst verspüren, und könnten sprichwörtlich an die Decke gehen, wenn wir wütend sind. Ebenso haben auch psychische Erkrankungen verschiedenste Ausformungen von körperlichen Symptomen. Dazu zählen:

Kopfschmerzen oder Migräne

Erschöpfungszustände

Verdauungsbeschwerden

Sehstörungen

Muskelverspannungen 

Schmerzen im Rücken und in den Gelenken.

Zahlreiche Untersuchungen konnten chronische Schmerzen bereits erfolgreich mit psychischen Grunderkrankungen in Verbindung bringen. Aus neurologischer Sicht sind dabei die Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin beteiligt. Wenn sich also über einen längeren Zeitraum körperliche Anzeichen bemerkbar machen, die keine medizinischen Ursachen im engeren Sinn erklären können, sollte dringend der psychische Aspekt mit in die Diagnose einbezogen werden.

5. Angst

Anhaltende oder immer wiederkehrende Angstzustände können ein weiteres, deutliches Warnzeichen für eine psychische Erkrankung sein. Dieses Symptom zeigt sich häufig in Form von speziell ausgeprägten Phobien oder irrationalen Ängsten. Diese sind hartnäckig und haben nicht immer konkrete Auslöser. Allerdings haben sie sehr konkrete und verheerende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen. Sie gehen irgendwann nicht mehr vor die Tür, meiden Menschenansammlungen oder das Berühren bestimmter Gegenstände. Die Lebensqualität leidet in der Folge vehement. Angstzustände sind besonders oft Vorboten und Begleiterscheinungen einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Depression oder bipolaren Störung. 

6. Überforderung im Alltag und Dauerstress

Wer psychisch aus dem Gleichgewicht geraten ist, kann den gewöhnlichen Alltag nur mehr schwer bewältigen. Die meisten Erledigungen und Herausforderungen bringen viele von uns schon unter den besten Voraussetzungen hin und wieder an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Die zunehmende Überforderung geht mit deutlicher Reizbarkeit einher. Allerdings ist es nach neustem Stand der Forschung immer noch schwer festzustellen, was vorher da war: der Stress oder die psychische Überbelastung. Beides geht jedenfalls häufig Hand in Hand. Unser Psyche benötigt ebenso wie unser Körper regelmäßige Phasen der Ruhe und Regeneration. Wer unter Dauerbeschuss steht, kann diesen Grundbedürfnissen irgendwann nicht mehr gerecht werden.

7. Ungesunde Angewohnheiten nehmen zu

Das Kompensieren von psychischen Problemen kann viele Gesichter annehmen. Diese reichen von exzessivem Sport über Alkohol- und Suchtmittelmissbrauch, einem verstärkten Konsum von Medikamenten oder aber auch Kauf- oder Esssucht. In besonders schweren Fällen beginnen die Betroffenen, sich selbst zu verletzen. Das Problem bei diesen Quick-Fix-Lösungen ist eigentlich, dass sie funktionieren. Sie tun dies so hervorragend, dass unser Gehirn sich diesen Mechanismus sehr schnell merkt und in immer kürzeren Abständen das Mittel der Wahl als Trostspender vorschlägt. Allerdings ist der Nutzen immer nur von kurzer Dauer. Das Tief danach und die Folgen davon registriert vielleicht unser Verstand zu Beginn noch, unser Körper und unsere Seele aber wollen immer „mehr“. Hat sich diese gefährliche Spirale einmal zu drehen begonnen, ist sie nur mehr schwer aufzuhalten.

8. Signifikante Abnahme der Leistungsfähigkeit

Last but not least ist es kaum verwunderlich, wenn psychische Erkrankungen unsere Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen. Wir fühlen uns müde und erschöpft und können kaum einen Arbeitstag ohne irgendwelche Hilfsmittel oder zumindest die Aussicht auf Kompensation am Abend überstehen. Unsere Konzentrations- und Merkfähigkeit nimmt rapide ab. Wir vergessen immer öfter immer wichtigere Dinge, und allgemeine Lustlosigkeit nimmt überhand. Wer diesen Zustand nun erst recht mit Medikamenten oder anderen ungesunden Strategien bekämpfen möchte, öffnet im Handumdrehen einer noch größeren Gefahr die Tür. Psychische Erkrankungen und Abhängigkeit gehen nicht grundlos so oft Hand in Hand.

Früh erkannt, früh gebannt

Es fällt uns nach wie vor sehr schwer, aufrichtig über unsere Gefühle und unser Befinden zu sprechen. Noch schwieriger wird es, wenn wir deutliche Veränderungen an unseren Mitmenschen entdecken, die Anlass zur Sorge geben. Ein unverbindliches, freundliches Gespräch bei einer Tasse Tee oder Kaffee kann schon viel bewirken. Wir merken es oft gar nicht mehr, wie sehr wir selbst an jenen Menschen vorbei leben, denen wir tagtäglich begegnen. Diejenigen, die ohne Unterlass jeden Aspekt ihres Lebens vor nahezu völlig Fremden ausbreiten, sind dabei weniger gefährdet als die Stillen, die sich selbst kaum jemals in den Vordergrund drängen. Ein einfaches „Wie geht es dir?“ kann vielen Menschen schon den Tag retten, selbst wenn sie die Frage nicht oder nur ausweichend beantworten. Schon allein die Tatsache, dass sich jemand kümmert, kann Berge versetzen. Es bedeutet unterm Strich nämlich nichts anderes als: Du bist nicht allein!