7 versteckte Anzeichen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

Wenn die Psyche Grenzen überschreitet

Eine Borderline-Störung kann viele verschiedene Gesichter annehmen, ganz so, wie die von diesem Krankheitsbild betroffenen Personen auch. Hauptsächlich zeigt sich ein Borderline-Syndrom durch emotionale Instabilität. Den Betroffenen fällt es schwer, Beziehungen zu ihrem Umfeld aufzubauen und zu halten. Sie agieren häufig impulsiv und neigen zu Überreaktionen. In ihrem Inneren hingegen herrscht Leere. Eine große Unsicherheit bestimmt ihr Leben, was die eigene Person betrifft. Schätzungen zufolge sind 1 bis 3 Prozent der Bevölkerung davon betroffen. Außenstehende schätzen diese Menschen als launenhaft, schwierig und unberechenbar ein. Wesentlich intensiver erleben ein Borderline-Syndrom jene Personen, die in einer Partnerschaft mit den Betroffenen leben. Menschen mit einer Borderline-Störung leben ihre Beziehungen intensiv, können sie aber nur selten halbwegs stabil halten. Ihre Angst davor, verlassen zu werden, ist das alles beherrschende Element ihrer Partnerschaften. Um dies zu verhindern, greifen sie oft zu drastischen Mitteln wie Selbstverletzung oder der Androhung von Suizid. Doch eine Borderline-Persönlichkeit ist noch weit vielschichtiger und manchmal auch für Psychiater und Psychotherapeuten nur schwer zu diagnostizieren. Neben den erwähnten bekannten Symptomen gibt es noch eine Reihe weiterer, die eher unbekannt sind. Sieben versteckte Anzeichen dafür, dass eine Borderline-Störung vorliegen kann, stellen wir dir hier kurz vor:

1. Unterdrückte Wut und Aggression

Borderline-Persönlichkeiten stehen häufig im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom. Sie sind erfüllt von einem mächtigen Gefühl der Wut, das sie verschieden gut kontrollieren und unter Verschluss halten können. Sie gehen tatsächlich mit geballter Faust durchs Leben und können sich manchmal nur sehr schwer beherrschen. Viele Patient*innen finden im extremen Sport ein Ventil, ihrem dauerhaften Ärger Luft zu machen, ohne andere zu verletzen. Die ständige Frustration und ein Zustand konstanter innerer Wut fühlen sich für die meisten Betroffenen jedoch an, als ob sie von innen heraus zerfressen werden von ihren Gefühlen. Ein Ausbruch dann und wann ist daher die logische Konsequenz. Dafür braucht es im Alltag gar nicht viel, da die Spannung enorm und der Druck im Inneren riesig sind. Banale Situationen wie der morgendliche Straßenverkehr, eine Schlange an der Supermarktkasse oder ein unhöflicher Nachbar reichen schon völlig aus, um der angestauten Wut Luft zu machen. 

2. Instabile Beziehungen

Borderline-Persönlichkeiten sind permanent mit sich selbst im Unreinen. Kein Wunder also, dass auch Beziehungen zu anderen Personen kein Leichtes für sie sind. Ihre impulsive Art, gepaart mit der ständigen Unsicherheit und der Angst, verlassen zu werden, machen es ihrem Umfeld aber auch nicht gerade leicht. Zu Beginn einer neuen Liebe mag es für die Partner*innen noch aufregend sein, mit einem so leidenschaftlichen und vor Energie sprühenden Menschen zusammen zu sein. Die ersten Phasen sind häufig geprägt von viel Sex, aber auch von viel Drama und Streit. Was zu Beginn noch oft als Leidenschaft und Temperament missverstanden wird, entpuppt sich schon bald als eine schiere Achterbahn der Gefühle, wo der jeweils andere niemals so genau weiß, was ihn erwarten wird. Stehen räumliche Trennungen an – etwa bei Geschäftsreisen – klammern sich die Borderliner häufig wie Ertrinkende an ihre Partner, vor lauter Angst, für immer verlassen zu werden. Die Folge davon sind nicht selten On-Off-Beziehungen, die niemals glücklich aber immer kräftezehrend für beide Seiten sind.

3. Selbsthass

Die grenzenlose Abneigung gegen sich selbst ist eine der prägenden Eigenschaften von Borderline-Persönlichkeiten. Sie verabscheuen ihre Abhängigkeit, ihr Bedürfnis nach Nähe und die zeitgleiche Unfähigkeit, Bindungen einzugehen und zu halten. Sie sind mit ihrem Äußeren unzufrieden, weshalb sie überdurchschnittlich oft anfällig für Essstörungen und selbstverletzendes Verhalten wie beispielsweise das Ritzen sind. Sie richten ihre Wut und all ihre Aggressionen sehr lange ausschließlich gegen sich selbst. Mit diesem brennenden Hass im Inneren zu leben, muss sich wie die Hölle auf Erden anfühlen. Begleitet wird dieser innere Aufruhr nicht selten von psychosomatischen Symptomen wie Herzrasen, Schweißausbrüchen und Panikattacken. Borderline-Patient*innen leben also in einem ständigen Gefängnis aus Wut, Selbstverachtung und Eigensabotage, aus dem es ohne professionelle Hilfe kaum ein Entkommen gibt.

4. Dissoziatives Verhalten

Hier zeigen die Betroffenen die Fähigkeit, bestimmte Teile ihres Lebens einfach auszublenden und sich davon zu distanzieren. Sie reagieren damit auf belastende Erlebnisse und traumatische Erfahrungen. Mit dieser regelrechten Abspaltung von Erinnerungen und dem Unterdrücken kompletter Persönlichkeitsanteile lassen sich unerträgliche Lebensbereiche einfach ausblenden. Dieser Schutzmechanismus funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Er wird häufig dann instrumentalisiert, wenn traumatische Erlebnisse in Kindheit und Jugend vorgefallen sind, die für den späteren Ausbruch der Borderline-Störung verantwortlich sein könnten. Einen überzeugenden Beweis für diesen Zusammenhang kennt die Forschung bislang jedoch nicht.

5. Keine Kontrolle über Gefühle 

Tieftraurig, hysterisch, überglücklich und rasend vor Wut: Das sind nur die Eckpfeiler des Gefühlsspektrums, dem sich ein Borderline-Patient täglich ausgesetzt sieht. Die Emotionen übernehmen praktisch die Kontrolle über die Person, nicht umgekehrt. Jeder Hochform, egal ob positiv oder negativ, folgt irgendwann dann wieder der Absturz in eine tiefe Leere und das Gefühl, innerlich tot zu sein. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Stimmungsschwankungen, wie sie etwa hormonell bedingt sein können, ist die Dauer der Phasen bei einer Borderline-Störung länger und um ein Vielfaches intensiver. 

6. Angst vor Zurückweisung

Borderline-Persönlichkeiten können nicht mit anderen Menschen, sie können aber noch viel weniger ohne sie. Die Trennungsangst geht sogar so weit, dass sie eine physische Abwesenheit von Partnerin oder Partner nur ertragen können, indem sie Kompensationshandlungen vornehmen. Neben Drogen, Alkohol oder Essstörungen kommen auch hier wieder die Selbstverletzungen zum Zug. Fast scheint es, als ob die Borderline-Störung immer dann den Wunsch nach Nähe bestärkt, wenn diese gerade nicht möglich ist. Die Betroffenen sind gefangen in einem einzigen emotionalen Widerspruch, der für Außenstehende weder leicht zu erklären und schon gar nicht zu verstehen ist.

7. Impulsive Entscheidungen

Wer dermaßen von seinen Gefühlen bestimmt wird, trifft keine rationalen Entscheidungen. Borderline-Personen reagieren aus dem Bauch heraus, sind im besten Fall spontan, im schlechtesten Fall hochgradig impulsiv und neigen dazu, sich und andere in Gefahr zu bringen. Der Missbrauch von Drogen oder Alkohol, Spielsucht und spontane sexuelle Eskapaden mit Fremden zählen ebenso dazu, wie hemmungslose Spontankäufe, Essanfälle oder riskante Überholmanöver im Straßenverkehr. Der Job oder andere wichtige Termine werden hingegen vernachlässigt und Verbindlichkeiten ignoriert.

Emotionaler Grenzgang für alle Beteiligten 

Einen einfachen Weg aus einer Borderline-Störung gibt es leider nicht. Wie bereits erwähnt sind die Gründe dafür noch immer nicht vollständig geklärt. Ein Trauma oder genetische Veranlagung können die Ursachen sein. Eine Beziehung zu einem Menschen mit Borderline-Syndrom zu führen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Die ständige Unsicherheit, das impulsive und gefährdende Verhalten sowie die permanente Angst vor Selbstverletzung oder gar Suizid zwingen die Angehörigen förmlich dazu, den Schutz der eigenen Person vorzuziehen. Einen echten Ausweg für Borderline-Patient*innen bietet nur eine Therapie. Hierfür kommen verschiedene Methoden zum Zug. Je nach Art und Schwere der Erkrankung dauert eine Behandlung zwischen einem und drei Jahren. In der Regel werden zu Beginn der Behandlung klare Regeln und ein Zeitplan aufgestellt. Den verschiedenen Schwerpunkten der Erkrankung kommt dabei gesonderte Bedeutung zu. Im Vordergrund steht immer der Umgang mit Suizidabsichten und dem gefährdenden Verhalten sich selbst und anderen gegenüber. Der gewählte Weg aus einer Borderline-Störung ist kein leichter, aber er ist möglich.