7 Dinge, die asexuelle Menschen wissen möchten

Keine Lust auf Sex? Kein Grund zur Panik!

Der Terminus „asexuell“ kursiert noch nicht allzu lange in unserem Sprachgebrauch. Eigentlich haben wir es der intensiven Gender-Debatte zu verdanken, dass Themen wir Diversität, Transgender und eben auch Asexualität einmal angesprochen werden. Nicht repräsentativen Umfragen zufolge würden sich circa ein Prozent der Befragten als asexuell bezeichnen. Wichtig: Ein ASS (so die offizielle Abkürzung) zu sein, bedeutet nicht, in irgendeiner Form krank, beeinträchtigt, pervers oder seltsam zu sein. Diese Menschen verspüren nur einfach keine Lust auf Sexualität und fühlen sich körperlich weder zu Frauen noch zu Männern hingezogen. Allerdings empfinden sie diesen Umstand nicht als Mangel oder Entbehrung. Sie kennen es ganz einfach nicht anders. Tendenziell sind eher mehr Frauen als Männer davon betroffen. Da Asexualität keine Krankheit, Behinderung oder Störung ist, wollen die Betroffenen – sofern sie damit überhaupt an die Öffentlichkeit gehen – weder Mitleid noch eine besondere Berücksichtigung in der allgemeinen Wahrnehmung. Lust auf Sex zu haben oder eben nicht ist schließlich immer noch hauptsächlich privat und sollte zwischen jenen Menschen thematisiert werden, die es betrifft. Denn: Entgegen der landläufigen Meinung können asexuelle Menschen sehr wohl erfüllte Partnerschaften eingehen. Voraussetzung dafür ist eine ehrliche Auseinandersetzung mit diesem Thema, hauptsächlich sich selbst gegenüber. Die folgenden 7 Fakten sollten alle Menschen – nicht nur asexuelle – daher unbedingt wissen:

1. Sexuelle Intimität? Warum nicht?

Tendenziell asexuelle Menschen können sehr wohl intime Beziehungen eingehen. Im Prinzip ist es so wie mit jedem anderen erotischen Kennenlernen auch: Die Grenzen müssen erst einmal abgesteckt und die Wünsche und No-Gos kommuniziert werden. So wie in jeder anderen sexuellen Beziehung gibt es auch für Asse Regeln, die Partnerin oder Partner akzeptieren müssen. Nur so kann jede Beziehung gelingen. Nur weil asexuelle Menschen weniger Lust auf Sex als die Durchschnittsbevölkerung haben, bedeutet dies nicht, dass sie Intimität und Erotik nicht genießen können. Ihr Bedarf ist sicher geringer, vielleicht bevorzugen sie eine bestimmte Rolle beim Liebesakt (aktiv oder passiv), der ihren Bedürfnissen besser entgegenkommt. Doch all das unterscheidet ihr Sexualleben nicht wirklich von jenem derer, mit „normalem“ Appetit auf Sex. Kommunikation ist in jedem Fall der Schlüssel zu gelungener, gelebter Intimität. 

2. Es liegt keine „Störung“ vor

Asexuelle Menschen sind nicht weniger oder anders entwickelt als ihre durchschnittlich sexuell aktiven Zeitgenoss*innen. Sie haben in der Regel keine Traumata erlebt, keine schlechten oder verstörenden Erfahrungen mit Sexualität gemacht und sind ebenfalls bestens aufgeklärt, was die körperliche Liebe betrifft. Sie finden Erotik weder abstoßend noch eklig oder widernatürlich. Auch religiöse oder moralische Bedenken oder Restriktionen spielen für Asexuelle keine Rolle. Sie haben sich nicht bewusst dafür entschieden, ohne Sex zu leben (siehe Punkt 3) wie Zölibatär*innen dies tun, sondern sind von Natur aus eben einfach so gestrickt, dass ihr sexueller Appetit geringer ist als jener der meisten Menschen.

3. Asexualität und Zölibat sind nicht dasselbe 

Das Zölibat wird freiwillig gewählt oder ist verpflichtender Teil einer bestimmten, religiösen Lebensform. Wie auch immer: Die betroffenen Frauen und Männer wählen diesen Weg bewusst und entscheiden sich für ein Leben ohne körperliche und weltliche Liebe. Während Asexuelle mit ihrem Leben jenseits der Lust meistens gut zurande kommen, hadert Umfragen zufolge ein nicht geringer Teil der zölibatär lebenden Frauen und Männer immer wieder mit dieser Entscheidung. Keine Lust zu verspüren und keine verspüren zu wollen sind also zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.

4. Manche „Asse“ pflegen romantische Beziehungen

Welchen Stellenwert die Sexualität in einer Partnerschaft einnimmt, definieren im Idealfall beide Seiten gemeinsam. Wenn bereits zu Beginn einer neuen Liebe klar ist, dass eine Hälfte (oder vielleicht sogar beide) keinen ausgeprägten Wunsch nach erotischer Zweisamkeit verspürt, steht einem Happy End nichts mehr im Wege. So wie alle Grenzen der persönlichen Intimität gewahrt und respektiert werden müssen, so gilt das auch für asexuelles Empfinden. Problematisch wird die Sache aber, wenn die Betroffenen nicht darüber sprechen können oder wollen, aus Angst, Partnerin oder Partner zu vergraulen. Noch brisanter wird die Lage, wenn die Asse selbst nicht wissen, warum sie eigentlich so sind wie sie sind. Besonders Frauen neigen dazu, den „Fehler“ immer zuerst bei sich zu suchen. Sie galten dann schnell als kalt, frigide und lustlos. Je besser informiert wir als Gesellschaft daher mit diesen Themen umgehen, desto bessere Beziehungen können wir in Zukunft führen. In diesem Kontext sei auch auf die vielen homosexuellen Menschen verwiesen, die immer noch heterosexuelle Beziehungen eingehen und pflegen, aus welchem Grund auch immer. Manchmal sind Freundschaften so stark, dass sie eine ausreichend gute Basis für so eine Ehe oder Partnerschaft bieten. Manchmal ist es aber immer noch die Angst vor dem gesellschaftlichen Stigma, die ein Ausleben der eigentlichen sexuellen Orientierung noch immer unmöglich erscheinen lässt.

5. Manche „Asse“ bleiben lieber allein

Mit der Asexualität einher geht nicht selten die Aromantik. Sie lässt die Betroffenen völlig außen vor, was das Eingehen von Beziehungen jeder Art betrifft. Diese Menschen verspüren nicht nur keine Lust auf Sexualität, sondern haben auch keinen Bedarf an (platonischen) Partnerschaften. Wer Dauer-Singles also immer mit einem mitleidigen Blick bedacht hat, kann sich diesen in Zukunft ruhig schenken. Vielleicht handelt es sich bei den betreffenden Personen um aromantische Asexuelle, die komplett mit sich und ihrem Leben im Reinen sind und es lieben, die Alleinherrschaft über die Fernbedienung ihr eigen nennen zu dürfen.

6. Asexualität ist eine Form von sexueller Orientierung

Ebenso wie wir Menschen es uns nicht aussuchen können, ob wir Männer oder Frauen lieben, haben wir keinen bewussten Einfluss darauf, wie groß unser Verlangen nach Intimität und Erotik ist. Asexualität wird uns praktisch in die Wiege gelegt und kann daher auch nicht „nachjustiert“ werden. 

7. Alles im grünen Bereich!

Die wohl wichtigste Botschaft im Zusammenhang mit Asexualität ist jene, dass diese Form der sexuellen Orientierung genau gleich gut ist wie jede andere auch. Angesichts der medialen Übersexualisierung, die Kino, TV und Internet uns immer noch als „normal“ aufbürden wollen, mag es den Betroffenen schwerfallen, ihr Anderssein als das zu akzeptieren, was es ist. Eine sachliche und objektive Diskussion über dieses Thema ist daher höchst angezeigt und wichtig, damit niemand sich in eine Ecke gedrängt fühlen muss. Asexuelle haben exakt dieselbe Daseinsberechtigung im menschlichen Erotik-Spektrum wie Hetero- oder Homosexuelle und alle Spielarten dazwischen. 

Es ist was es ist

Der Regenbogen ist bekanntlich nicht schwarz oder weiß, sondern weist eine bunte Palette an Farben auf, die uns mit ihrem Glanz erfreuen. Er ist daher nicht umsonst das Symbol der LGBT-Bewegung, die inzwischen auf eine Vielzahl von medienwirksamen Präsenzen verweisen kann. Die Asexuellen finden dort noch zu wenig Akzeptanz. Fast scheint es, als ob sie die Minderheit unter den Minderheiten wären. Nichtsdestotrotz sind Asse mitten unter uns und kommunizieren ihren Lebensstil mal mehr, mal weniger offen ihren Mitmenschen gegenüber. Nicht jeder, der allein lebt oder als Dauer-Single durchs Leben geht, muss dafür bemitleidet werden. Wenn uns die offensive Aufklärungsbewegung der letzten Jahre eines gelehrt hat, dann, dass für jede Form der sexuellen Orientierung ein Platz auf diesem Planeten ist. Wer diese Meinung nicht zu teilen bereit ist, wohnt vermutlich immer noch hinter dem Mond.