5 Dinge, für die du nicht verantwortlich bist

Manchmal darf man sich vor Verantwortung auch drücken

So sehr es uns auszeichnet, verlässliche und verantwortungsbewusste Menschen zu sein, so anstrengend kann sich dieser Wesenszug gestalten. Das Maß an Verantwortung, das das Leben uns abverlangt, kann schon überbordend sein. Einige müssen schon als Kinder wie Erwachsene denken und handeln, sich vielleicht um Geschwisterkinder kümmern oder teilweise gar um die Eltern. Wieder andere entscheiden sich für Berufe, wo es sprichwörtlich um Leben und Tod geht. Interessanterweise ist die Anzahl jener Zeitgenoss*innen verschwindend gering, die sich ganz ohne Verantwortung übernehmen zu müssen durchs Leben schummeln können. Sie erscheinen uns im direkten Vergleich als rücksichtslos und gleichgültig. Die Formel für ein glückliches Leben und einen stabilen Seelenfrieden wird wohl irgendwo in der goldenen Mitte zu finden sein. Wer täglich die Last der ganzen Welt auf seinem Rücken trägt, wird irgendwann daran zerbrechen. Wer sich aus jeder klitzekleinen Verbindlichkeit herauszuwinden weiß wie ein nasser Fisch, wird irgendwann sehr allein und sehr unglücklich enden. Verantwortung ist immerhin ein Band, das uns zusammenschweißt und somit eine der Säulen unserer Gesellschaft. Ein Zuviel davon jedoch lässt auch die Stärksten unter uns irgendwann straucheln und in die Knie gehen. Vier Bereiche des Lebens möchten wir dir hier kurz vorstellen, für die es völlig in Ordnung ist, sich nicht verantwortlich zu fühlen, selbst wenn man diese Rolle irgendwann einmal übernommen hat:

1. Menschen vor sich selbst zu schützen

Egal ob Suchtkrankheit, gefährliche Risikobereitschaft, ein Händchen für die falschen Partner*innen oder ganz allgemein selbstzerstörerisches Verhalten: Nichts von alledem ist die Schuld eines anderen. Natürlich fällt es schwer, geliebten Menschen dabei zuzusehen, wie sie sich selbst immer tiefer in einen Abgrund manövrieren. Doch die nackte Wahrheit in diesem Zusammenhang lautet leider: Niemand sonst, außer sie selbst, können sich zum Umkehren bewegen. Du würdest tauben Ohren predigen oder hast es vielleicht schon zur Genüge getan. Wer einen Hang dazu hat, immer und immer wieder dieselben falschen Entscheidungen zu treffen oder vielleicht sogar den Kick genießt, wenn er sich in gefährliche Situationen begibt, dem ist von außen nicht zu helfen. Je näher du an diesem menschlichen Brandherd dranbleibst, desto größer sind die Chancen, dass du selbst erhebliche Verletzungen davonträgst. Wenn ein klärendes Gespräch nichts bringt, ist deine Schuldigkeit als Freund*in getan und dein Pensum an Verantwortung ausreichend demonstriert. Ab nun ist jeder für sich selbst verantwortlich, auch du für dich und dein Seelenheil. Spätestens dann, wenn deine schlimmsten Befürchtungen sich bewahrheiten, solltest du dich nicht in der ersten Reihe dieses Dramas befinden. So wie es selbstgewähltes Glück im Leben gibt, so gibt es auch selbstgewähltes Unglück.

2. Die Meinungen und Sichtweisen anderer zu ändern

Manche Themen spalten einfach die Gemüter. Fragen zum Gesundheitswesen, die Flüchtlingsdebatte oder politische Meinungen gehen innerhalb der kleinsten Gruppen oft so weit auseinander, dass man angesichts dieser Bandbreite am besten gleich das Weite sucht. Die eigenen Überzeugungen kann und soll man auch niemandem aufzwingen, selbst wenn man hundert Mal davon überzeugt ist, im Recht zu sein. Es ist eine erschreckende Erkenntnis, wenn langjährige Freund*innen plötzlich bei absolut wichtigen Themen Millionen Lichtjahre von deiner Einstellung dazu entfernt erscheinen. Doch lass es einfach gut sein und einigt euch notfalls darauf, dass ihr euch nicht einig seid. Dieser Kompromiss hat schon viele langjährige Freundschaften vor dem Aus bewahrt.

3. Zwischen Familienmitgliedern zu vermitteln

Vielleicht bist du der einzige Mensch, der dazu in der Lage ist. Vielleicht hat man dir die Rolle der/des Friedensstifter*in irgendwann auch einfach zugedacht. Tatsache ist, dass Frieden eine schöne Sache ist, aber nicht von einer Person allein gestemmt werden kann. Es gehören immer mindestens zwei dazu. In einer Familie sind es meistens mehr als diese beiden, da sich immer Lager bilden werden, die sich für die eine oder für die andere Seite entscheiden. Auch wenn es dir in der Seele weh tut: Zwei erwachsene Menschen müssen den Draht zueinander schon ganz ohne fremde Hilfe finden. Wenn du dich hier dazwischenschaltest, ist der Undank beider Seiten unter Umständen das einzige Ergebnis davon.

4. Die Erwartungen der anderen zu erfüllen

Es dauert eine ganze Weile im Leben, bis wir endlich wissen, was wir wirklich möchten. Bis dahin verfolgen wir oft die ausgetretenen Pfade oder ganz einfach den vorgezeichneten Weg, den wir von Eltern, Großeltern oder anderen Mentor*innen mitbekommen haben. Wenn du mit Feuereifer und glühendem Herzen dabei bist, spricht absolut nichts dagegen, diese Erwartungshaltung zu erfüllen. Manche Familien schaffen es über Jahrhunderte, ein Unternehmen oder bestimmte berufliche Traditionen an die nächste Generation weiterzugeben, die sich mit Stolz und Ehrerbietung an diese Herausforderung heranwagt. Die wirklich wichtige Frage lautet: Was möchtest du? Was erwartest du von deinem Leben jetzt und in Zukunft? Sich Dingen zu widmen, die du ablehnst, Tätigkeiten auszuführen, die dich unglücklich machen und mit Menschen befasst zu sein, die nicht deine emotionale und spirituelle Familie sind, kann dich auf Dauer krank machen, und zwar im engsten Sinne dieses Wortes. Diese Erkenntnis bezieht sich übrigens nicht nur auf Ausbildung und Berufswahl. Selbst das Privatleben unterliegt häufig einer kaum zu erfüllenden Flut an Hoffnungen, die andere auf uns projizieren. Das kann die heile Familie sein, die für viele Menschen immer noch das Non-plus-Ultra eines Lebensentwurfs darstellt. Aber auch das Leben in einem bestimmten Umfeld oder in der Heimat, nur weil seit Menschen Gedenken kein Familienmitglied jemals einen Fuß ins Ausland gesetzt hat. Was auch immer dein Plan vom Leben ist: Lass dich nicht davon abbringen!

5. Die Heilung einer anderen Person

Es gibt kaum etwas Belastenderes für zwischenmenschliche Beziehungen, als den omnipräsenten Schmerz einer/s Beteiligten. Körperliche und psychische Gebrechen, Suchtkrankheiten und emotionale Relikte aus der Kindheit oder aus früheren Beziehungen muss man sich vorstellen wie einen Mühlstein, der permanent auf dieser Beziehung lastet. Die Grenze zwischen Mitgefühl und Unterstützung und einer handfesten Co-Abhängigkeit ist dann schnell überschritten. Aber es reicht eigentlich schon aus, dass diese dunklen Schatten, die auf einer Hälfte des Ganzen liegen, die komplette Partnerschaft, Freundschaft oder Familie belasten. Es ist in Ordnung, das nicht für immer aushalten zu wollen. Jemandem in seinen dunklen Stunden zur Seite zu stehen, muss nicht bedeuten, sich von ihr oder ihm in seine Abgründe mit hinunterziehen zu lassen. Heilung muss jeder Mensch in die eigenen Hände nehmen und als Langzeit-Projekt betrachten, das beim besten Willen nicht delegiert werden kann.

Zu viel des Guten ist schlecht für uns

Es ehrt und adelt uns sehr, wenn wir uns der Verantwortung nicht entziehen wollen. Doch auch hier lauert die Gefahr einer Überdosis, auch hier kann es ein Zuviel davon geben. Wir sind keine schlechten Menschen, weil wir uns nicht automatisch jeden Schuh anziehen, nur weil er passt. Notfalls müssen wir ein gesundes Maß an Egoismus entwickeln, damit wir selbst nicht von den unzähligen Fallstricken nach unten gezogen werden, die andere Menschen uns täglich zuwerfen. Was für sie eine Rettungsleine darstellt, kann auf Dauer für uns der sichere Untergang sein. Nächstenliebe ist fraglos ein hohes Gut. Zum Selbstschutz darf ihr aber mit Sicherheit die Eigenliebe vorgezogen werden.