Spieglein, Spieglein an der Wand
Wer ein klar und einfach gezeichnetes Bild einer narzisstischen Persönlichkeit sucht, sollte sich kurz die böse Stiefmutter aus „Schneewittchen“ in Erinnerung rufen. Sie erfüllt die Kriterien perfekt, die solche Mitmenschen aufweisen. Allerdings sind sie auch sehr geschickt darin, uns so lange über ihre wahren Absichten im Unklaren zu lassen, wie es ihrer Sache dienlich ist. Eines ist klar: Wir sind für sie keine Partner*innen, Freunde oder Gleichgesinnte. Wir sind Instrumente, die ihnen eine Zeit lang nützen können, solange bis sie ihr Ziel erreicht haben. Zurück bleibt ein zwischenmenschlicher Scherbenhaufen und nicht selten auch ein gebrochenes Herz. Gottseidank sind Narzissten aber so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie weder Zeit noch Mühe in eine ausgeklügelte Tarnung investieren. Folgende 15 Anzeichen sind ganz klare Warnsignale dafür, dass ein Narzisst die Bühne betreten hat:
1. Sie zeigen nicht ihr wahres Ich
Am Beginn einer Bekanntschaft sind Narzissten Weltmeister darin, zu erkennen, ob wir für sie von Nutzen sind. Falls ja, werden sie uns mit Nettigkeiten überschütten und uns nicht mehr von der Seite weichen. Sie sind zuvorkommend und halten ständig Kontakt. Erstaunlicherweise haben sie kaum Familie, die sie uns vorstellen können und ebenso wenige Freunde. Gemeinsame Bekannte könnten kryptische und sogar kritische Hinweise zu ihrem Charakter liefern, die wir im Rausch der neuen Bekanntschaft jedoch nicht bewusst wahrnehmen.
2. Die Beziehung bleibt immer im Ungewissen
Narzissten lieben Psychospielchen. Eine Beziehung mit ihnen kann zur reinsten emotionalen Achterbahn werden. Zuckerbrot und Peitsche stehen auf der Tagesordnung und selbst wenn sie nicht persönlich anwesend sind, bombardieren sie ihre Opfer mit ambivalenten Nachrichten. Der „Zauber des Anfangs“ einer Beziehung mit einem Narzissten ist ab jenem Punkt Geschichte, wo sie oder er sich in Sicherheit wähnt. Dann beginnen sie, Anrufe nicht mehr zu beantworten oder sich kühl und distanziert zu zeigen, um im nächsten Moment wieder überschwängliche Liebesschwüre von sich zu geben.
3. Schuld sind immer die anderen
Wenn ein Narzisst in unser Leben tritt, sollten wir uns nicht wundern, wenn sich einige Dinge in eine merkwürdige Richtung zu entwickeln beginnen. Wir haben plötzlich Probleme, von deren Existenz wir vorher nicht einmal wussten. Narzisstische Persönlichkeiten lieben es, in die Opferrolle zu schlüpfen. Wenn wir dabei nicht zu 100 Prozent auf ihrer Seite sind, sind wir der Feind.
4. Kontrolle geht über alles
Das Einzige, was Narzissten noch mehr lieben als ihre Rolle als Opfer, ist das Ausüben von Kontrolle. Sie sind wahre Meister darin, ihre Mitmenschen wie Marionetten tanzen zu lassen und jede Situation bestmöglich zu nutzen. Beliebte Strategien im Kampf um die Kontrolle sind ständiger Körperkontakt, der Dauerbeschuss mit Nachrichten und Anrufen sowie strategisch platzierte Nettigkeiten, die uns immer wieder in ihren Bann ziehen sollen.
5. Sie haben immer Recht
Sie wissen alles und alles besser. Niemand kann ihnen das Wasser reichen und alle anderen sind sowieso nur dumme Mitläufer. Narzissten reißen gerne das Gespräch an sich. Es dient ihrer Gier nach Aufmerksamkeit ebenso wie ihrer Sucht nach Kontrolle der Situation. Wenn sie dann noch ihre Meinung kundtun können, sind sie (vorübergehend) zufrieden.
6. Andere Menschen sind nicht ebenbürtig
Narzissten betrachten ihre Mitmenschen eher als Untergebene und Mittel zum Zweck, nicht als gleichberechtigte Partner*innen. Sie machen auch meistens keinen Hehl daraus, dass niemand ihrer würdig ist.
7. Sie empfinden kein Mitleid
Narzissten kennen weder Mitgefühl noch Empathie. Es fällt ihnen daher auch erschreckend leicht, Menschen, die sie nicht mehr brauchen oder derer sie überdrüssig geworden sind, aus ihrem Leben regelrecht zu streichen. In welches emotionale Dilemma sie gerade ihre Partner*innen damit stürzen, kümmert sie keine Sekunde lang.
8. Jede Handlung dient einem Zweck
Selbst wenn Narzissten sich karitativ betätigen oder Interesse an den Projekten anderer zeigen: Man kann sicher sein, es dient nur einem einzigen Zweck, nämlich dem ihren. Wenn sie jemals hilfsbereit sind, kann man getrost davon ausgehen, die Rechnung dafür umgehend auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen.
9. Ein Narzisst nimmt keine Befehle entgegen
Sie sind immun gegen gute Ratschläge und auch gegen Vorgaben, die von Vorgesetzten, Lehrer*innen oder anderen Autoritätspersonen kommen. Es gibt Situationen im Leben, wo auch Narzissten sich beugen müssen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Rache für diese „Erniedrigung“ auf dem Fuß folgen wird.
10. Gefühle? Kennen sie nicht
Ihr ganzes Tun und Handeln könnten sie nicht annähernd mit jener Eiseskälte durchziehen, wenn sie – so wie andere Menschen auch – zu Gefühlen fähig wären. Doch Narzissten kennen nur das Vortäuschen von Emotionen, wobei ihr Spektrum von wahrer, unerschütterlicher Liebe bis hin zu einem filmreifen Ausbruch in Tränen reicht. Ein möglichst zahlreiches Publikum wird dabei bevorzugt.
11. Sie hören nicht zu
Wer andere nichts gelten lässt und sich selbst für brillant, einzigartig und Gottes Geschenk an die Menschheit hält, verschwendet kein halbes Ohr dafür, sich anzuhören, was andere vielleicht zu sagen hätten. Ein Narzisst wird dann Aufmerksamkeit heucheln, wenn es seinen Zwecken dient oder gerade eine Kamera auf sie oder ihn gerichtet ist.
12. Sobald ihr Umfeld sie langweilt, ziehen sie weiter
Das Leben und die Menschen darin sind für Narzissten ein einziger Selbstbedienungsladen. Wer nicht mehr interessant, hilfreich oder irgendwie wertvoll für ihr Vorankommen ist, wird aussortiert. Partner*innen werden für bessere eingetauscht, die mehr Geld, mehr Ansehen oder die bessere gesellschaftliche Stellung bieten können. Freund*innen haben auch irgendwann ihren Zweck erfüllt. Doch sie bleiben auf der Kurzwahltaste. Schließlich könnten sie wieder nützlich werden.
13. Noble Gesellschaft statt netter Menschen
Narzissten bewegen sich gern in „besseren“ Kreisen. Sie fühlen sich von Natur aus zu Höherem berufen und werfen ihre Netze ausschließlich dort aus, wo Geld, Macht oder sozialer Status zu holen sind.
14. Narzissten äußern weder Lob noch Komplimente
Es versteht sich fast von selbst, aber kein Narzisst würde es jemals über sich bringen, etwas Nettes über andere zu sagen. Alles, was für sie getan wird, ist selbstverständlich und gut oder gut genug ist ohnehin nichts und niemand in ihrer Welt.
15. Höflichkeit ist unter ihrer Würde
Narzisstische Persönlichkeiten halten sich nicht lange mit höflichen Floskeln auf. Sie stürmen grußlos in Lokale und Geschäfte, behandeln Personal und Servicekräfte mit Hochmut und Geringschätzung und benehmen sich wie der sprichwörtliche Elefant mit Porzellanladen. Leider sehen nicht alle diese Seite von ihnen – siehe Punkt 1.
Hochmut kommt (irgendwann) vor dem Fall
Die Märchenbücher mit den bösen Stiefmüttern mögen als pädagogisches Hilfsmittel ein wenig aus der Mode gekommen sein. Dafür beliefern uns im 21. Jahrhundert die Medien und Sozialen Netzwerke zuverlässig mit Informationen über mehr oder weniger prominente Beispiele dafür, wie man es im Leben nicht machen sollte. Das Gute daran: Narzissten können ihr diabolisches Handwerk nicht mehr ganz so ungesehen und ungestraft verrichten wie früher. Prominenten Vertreter*innen, deren Winkelzüge und Strategien aufgedeckt und bis ins kleinste Detail analysiert werden, sei Dank. Ihre typischen, narzisstischen Verhaltensweisen werden dank flächendeckender medialer Verbreitung irgendwann gängiges Allgemeinwissen. Das lässt schließlich auch die Psychospielchen der Narzissten „von nebenan“ früher oder später ins Leere laufen. Womit wieder einmal bewiesen wäre: Die schlechtesten Vorbilder sind immer die besten.