Einsamkeit: 5 Anzeichen, dass du tiefe Einsamkeit erfährst

Einsame Wölfe mitten unter uns

Nicht alle Menschen, die es vorziehen, ihre Zeit allein zu verbringen, fühlen sich einsam. Nicht alle Gesellschaftstiger und Salonlöwen sind dauerhaft glücklich und zufrieden. Was wir von außen erkennen können, ist immer nur die Momentaufnahme des Augenblicks. Wir empfinden unser eigenes Leben deshalb immer so intensiv, weil es das einzige ist, in welches wir 100 Prozent Einblick haben. Alle anderen Menschen erscheinen so, wie sie gern auf andere wirken möchten. Es ist schon fast erschreckend, wie viel Inszenierung hinter den meisten Fassaden steckt. Beliebte und ständig von anderen Leuten umringte Zeitgenoss*innen können dabei die einsamsten Menschen auf der Welt sein. Interviews und Zitate von Marilyn Monroe beispielsweise könnten uns noch heute zu Tränen rühren. Gleichzeitig erscheint es uns unmöglich, dass der populärste Weltstar seiner Zeit in Wirklichkeit ein einsames, trauriges und von aller Welt verlassenes Kleinkind war. Kaum ein Leben ist wirklich so, wie es scheint, außer eben das unsere. Bevor wir also in Versuchung geraten, andere Menschen um ihr Leben zu beneiden, sollten wir einen Blick hinter die formschönen Kulissen werfen.  Wir zeigen dir fünf sichere Anzeichen dafür auf, dass jemand tiefe Einsamkeit erfährt, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so erscheint:

1. Ist da jemand?

Wenn sich 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche das Gefühl breit macht, wie einst Robinson Crusoe auf einer einsamen Insel gestrandet zu sein, regiert die Einsamkeit bereits mit eiserner Faust. Wir fühlen uns sprichwörtlich verlassen, und zwar von Gott und der Welt auf einmal. Wir sehen keine Möglichkeiten, schnell und einfach mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Sogar die freundlichen Blicke und Gesten aus unserem Umfeld nehmen wir nicht als solche wahr. Wir fühlen uns sinnentleert, verloren und ohne jede Perspektive. Das Aufstehen am Morgen erscheint uns ohne jeden Mehrwert, da die Tage sich hinziehen wie zäher Schleim, den wir nicht loswerden. In diesem Gefühl der Hoffnungslosigkeit lauert schon eine depressive Phase, die nur darauf wartet, endgültig Besitz von uns ergreifen zu können. Schnelle Gegenmittel gibt es leider nur in Form von anderen Menschen. Wer nicht persönlich in Kontakt treten möchte, findet Hilfe im Internet oder am Telefon. 

2. Freundschaften sind wie Strohhalme 

Wenn wir uns unserer Einsamkeit bewusstwerden, klammern wir uns an die wenigen Freunde, die wir noch haben, wie an den berühmten Strohhalm, der uns vor dem Ertrinken retten soll. Wir werden dann förmlich zu Kletten und drängen uns ungeniert in jeden noch so privaten Bereich ihres Lebens. Am liebsten würden wir bei ihnen einziehen, um Teil ihrer Familie oder Beziehungen zu werden. Wir bombardieren sie aus der Ferne mit Anrufen und Nachrichten und scheuen uns irgendwann auch nicht mehr, die Mitleidskarte auszuspielen, nur um ein wenig Aufmerksamkeit zu erhalten. Tragischerweise erreichen wir mit dieser Taktik irgendwann das genaue Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen: Unser Umfeld wird erst recht auf Distanz zu uns gehen, wenn wir allzu bedürftig und anhänglich werden.

3. Gleich und gleich gesellt sich gern

Einsame Menschen neigen dazu, Zweckgemeinschaften mit Ihresgleichen einzugehen. Wie Schiffbrüchige gehen sie eine Art verzweifeltes Bündnis ein, das sie vor dem endgültigen Ertrinken retten soll. Das Klischee der Außenseiter, die sich zu illustren Gruppen zusammenschließen, lebt mitten unter uns. So entstehen manchmal ganz erstaunliche Gruppierungen, die jedoch nicht immer eine gesunde Dynamik hervorbringen. Einsamkeit funktioniert nicht zwangsläufig so wie Mathematik, wo zwei negative Vorzeichen – richtig kombiniert – einen positiven Wert ergeben. Diese Selbsthilfegemeinschaften können funktionieren, oder eben nicht.

4. Jede Gelegenheit zum Austausch wird exzessiv genutzt

Dieser Punkt kommt uns wahrscheinlich allen verdächtig bekannt vor. Menschen, die im Dienstleistungsgewerbe tätig sind wie Friseur*innen, Barkeeper oder Verkäufer*innen, können ein leidvolles Lied davon singen. Wenn sich einsamen Menschen die Chance für einen Austausch mit anderen bietet, brechen Dämme, und es gibt kein Halten mehr. Sie nutzen jede Gelegenheit aus, wenn ihre unfreiwilligen Gesprächspartner*innen ihnen nicht leicht oder einfach entkommen können. Sogar am Arbeitsplatz kennen wir alle solche Kolleg*innen. Wenn sie Richtung Teeküche wandern, ist ein schneller Rückzug gefragt. Sie texten ihre Mitmenschen ohne Unterlass mit den uninteressantesten Details ihres Lebens zu und wiederholen sich dabei in einer qualvollen Dauerschleife beständig immer wieder. 

5. Materielle Dinge werden sinnlos angehäuft 

Der Kaufrausch dient demselben Zweck wie jeder andere Rausch auch: Das Ziel ist Betäubung. Wer keinen Tag zubringen kann, ohne nicht wenigstens ein Geschäft konsultiert oder einen Onlineshop mit seiner Kreditkarte beehrt zu haben, ist ganz klar auf Kompensationskurs. Hier werden Lücken gefüllt, Löcher gestopft und ein Hunger gestillt. Wie jedes Quick Fix funktioniert auch das hemmungslose Einkaufen von Konsumgütern vorübergehend gut, was es aber erst recht zu einem besonders schlechten Mittel der Wahl macht. Wenn wir nach dem Shopping-Erlebnis mit unseren Tüten und Paketen nach Hause eilen, fühlen wir uns vorübergehend wie Jäger, die reiche Beute erlegen konnten. Unser Körper produziert Glückshormone wie Dopamin, aber auch Adrenalin wird freigesetzt. Und für eine kleine Weile fühlen wir uns besser. Die Ernüchterung erfolgt dann erst beim Blick auf unseren Kontostand, oder wenn die monatliche Kreditkartenabrechnung ins Haus flattert. Kaufsucht ist ein sehr beliebtes Mittel, um sich über tief empfundene Einsamkeit hinwegzutrösten. Außerdem ist es legal und gesellschaftlich anerkannt. In Zeiten von online Shopping muss man dafür nicht einmal das Haus verlassen. Selbst der Mausklick, der den Kauf im Bruchteil einer Sekunde zum gelungenen Abschluss bringt, löst kurzfristig eine Welle von Glücksgefühlen in uns aus. Nach diesen werden wir mit der Zeit süchtig, denn sie sind das Einzige, was unser Gehirn in diesem Kontext registriert und in Erinnerung behält. Den Schuldenberg, der sich heimlich, still und leise auftürmt, blenden wir gekonnt aus. Was aber fast noch schlimmer ist: Wir gehen dem eigentlichen Problem damit aus dem Weg und nicht auf den Grund. 

Einsamkeit beginnt in uns selbst

Das Tückische an der Einsamkeit ist nicht nur die Tatsache, dass sie jede und jeden von uns treffen kann. Sie greift meistens wie aus dem Nichts an und ist gekommen, um zu bleiben. Menschen, die hingegen gern allein sind und allein leben möchten, können dieses Gefühl überhaupt nicht nachvollziehen. Sie sind sich selbst genug und genießen jede Minute ihrer totalen Freiheit. Umgekehrt können wir inmitten unserer Familie und umringt von unseren Freunden emotional in ein tiefes Loch fallen, und niemand der Anwesenden würde es merken. Wir können am selben Tisch mit fröhlichen Menschen sitzen, die uns nahestehen, und in unserem Inneren Todessehnsucht und Endzeitstimmung empfinden. Aus dieser dunklen Gruft befreien müssen wir uns selbst. Diese Arbeit kann uns nichts und niemand abnehmen. Wir sind nicht allein, selbst wenn wir uns fühlen wie der letzte Mensch auf diesem Planeten. Hilfe ist dank anonymer Foren im Internet und Einrichtungen wie telefonischen Beratungsstellen sehr viel näher, als wir denken. Wir müssen dafür nicht einmal das Haus verlassen oder uns vor Freunden und Bekannten „outen“. Einsamkeit beginnt in uns selbst. Dort müssen wir das Übel bekämpfen und an der Wurzel packen. Den Schlüssel zu Glück und Unglück tragen wir in uns. Er ist nirgendwo sonst zu finden.