5 Anzeichen von Angst, die oft unbemerkt bleiben

Angst hat viele Gesichter

Herzklopfen, kalter Schweiß, feuchte Hände und ein rasender Puls: So kennen die meisten von uns das Gefühl der Angst. Neben Alltagssituationen wie einem Termin beim Chef, einer heiklen Situation im Straßenverkehrt oder der Angst zu versagen, gibt es natürlich noch stärkere Ausformungen. Existenzängste, die Furcht vor einer ungewissen Zukunft und Verlustangst sind die bekanntesten davon. Ausgeprägtere Formen sind manifestierte Ängste, die so genannten Phobien. Diese sind zahlreich und können auch unterschiedlich in Erscheinung treten. Sie reichen vom bekannten Lampenfieber und leichter nervöser Unruhe vor öffentlichen Auftritten bis hin zu handfesten psychischen Problemen, die es den Betroffenen unmöglich machen, das Haus zu verlassen. Neben der psychischen und emotionalen Belastung meldet vor allem unser Körper, wenn wir ängstlich sind und uns unsicher fühlen. Doch es gibt noch fünf unbekannte Symptome, die auf Angstzustände hinweisen können. Diese zeigen wir dir hier:

1. Kalte Füße

Diese bekommen wir nicht von ungefähr, wenn wichtige Termine, wie zum Beispiel die eigene Hochzeit, bevorstehen. Wie so oft im Leben macht sich unsere ursprüngliche genetische Programmierung auch hier bemerkbar, selbst wenn wir unserer Existenz als Jäger und Sammler schon längst erfolgreich den Rücken gekehrt haben. Wenn wir uns ängstlich fühlen, springt unser Körper auch heute noch in den Kampf- oder Fluchtmodus. Dieser löst eine wahre Kettenreaktion von neurologischen und hormonellen Veränderungen in uns aus. Eine davon befiehlt unserem Gehirn, Adrenalin freizusetzen. Adrenalin hilft unserem Körper, den Blutfluss so umzuleiten, dass das meiste davon zu den lebenswichtigen Organen wie Herz und Lunge gepumpt wird. Die Chancen, dem Feind zu entfliehen oder ihn siegreich zu bekämpfen, erhöhen sich dadurch beträchtlich. Leider hat dieser Mechanismus zur Folge, dass die weniger lebenswichtigen Körperteile – wie eben unsere Extremitäten – vorübergehend mit weniger Blut auskommen müssen. Dies äußert sich in kalten Füßen und Händen. 

2. Spontankäufe

Toilettenpapier, Teelichter oder Trockenhefe: Corona hat diese Hypothese leider bestens bestätigt. Wenn wir ängstlich sind, neigen wir dazu, uns mit Dingen einzudecken, um uns in Sicherheit zu wiegen. Das müssen nicht immer pandemiebedingte Notwendigkeiten sein. Seit Jahren schon existiert das bekannte Lippenstift-Phänomen, auch Lipstick-Index genannt. Es trat erstmals deutlich in Erscheinung nach den verheerenden Anschlägen auf das World Trade Center. Die Wochen und Monate danach waren von Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung geprägt. Nichtsdestotrotz konnte eine ganz bestimmte Branche einen deutlichen Aufwärtstrend verzeichnen. Und zwar eine, die man mit Angst und Terrorismus wohl eher nicht spontan in Verbindung bringen würde. Der Vorstandsvorsitzende des Estée Lauder-Konzerns, Leonard Lauder, bemerkte, dass sein Unternehmen in den Monaten nach dem 11. September 2001 wesentlich mehr seiner hochpreisigen Lippenstifte verkaufte als je zuvor. Der Begriff „Lipstick Index“ war geboren und fungierte von da an als alternativer Indikator für die Entwicklung der Wirtschaft in Krisenzeiten. Denselben Effekt hatte übrigens auch die Weltwirtschaftskrise 1929, nur fasste das Phänomen damals niemand in so erinnerungswürdige Worte. Was macht Spontankäufe aber so attraktiv? Es ist eine einfache Handlung, die in Zeiten des exzessiven online Shoppings nicht einmal das Verlassen von Haus oder Wohnung notwendig macht. Mit einigen wenigen Mausklicks verschaffen wir uns ein Gefühl von Kontrolle über die beängstigende Lage. An Dingen festzuhalten ist einfacher, da wir sie anfassen und spüren können. Die Angst wird so allerdings nur kaschiert.

3. Kiefer- oder Zahnschmerzen

Schmerzen in unserem Kiefer und unseren Zähnen können tatsächlich psychische Ursachen haben. Bruxismus, übermäßiges Zähneknirschen oder Zusammenpressen von Ober- und Unterkiefer, ist ein klares Symptom von Stress. Wenn wir gestresst sind, verkrampft sich unser ganzer Körper. Auch hier geht es wieder darum, sich auf Kampf oder Flucht einzustellen. Studien unterstützen diese Theorie. Patient*innen, die unter Bruxismus leiden, haben einen höheren Angstindex als die Vergleichsgruppe ohne Zähneknirschen. Die meisten Aktivitäten dieser Art finden über Nacht statt, sodass Bruxismus möglicherweise nicht frühzeitig erkannt werden kann. Morgendliche Zahn- oder Kieferschmerzen sind üblicherweise ein erster Hinweis. Diesem unerfreulichen Symptom von Angst ist jedoch recht leicht beizukommen. Eine Zahnschiene, die Zahnarzt oder Dentallabor anpassen können, schafft schnelle Abhilfe dieses nächtlichen Treibens. Zumindest die Schmerzen am Morgen sind damit Geschichte.

4. Reizbarkeit und Zerstreutheit

Angst überflutet unsere Gedanken mit Negativität und Zweifeln. Oft wirken diese Gedanken verstörend auf uns selbst und lassen uns leicht die Umgebung vergessen. Wir wirken dann – ob wir es wollen oder nicht – zerstreut und unaufmerksam. Aber auch in Form von Reizbarkeit kann eine ängstliche Grundhaltung sich äußern. Grund für diese beiden Verhaltensweisen sind die Auswirkungen von Angst auf unser Gehirn. Sie betrifft hauptsächlich unser limbisches System, insbesondere den präfrontalen Kortex. Dieser ist nicht nur die Kommando- und Kommunikationszentrale unseres Gehirns, er ist auch für unser Sozialverhalten verantwortlich. Wenn wir ängstlich sind, hat dies unmittelbaren Einfluss auf den präfrontalen Kortex und andere Strukturen unseres limbischen Systems. 

5. Nahe am Wasser gebaut

Menschen, die schnell in Tränen ausbrechen, sind häufig gar nicht besonders emotional oder sensibel, sondern einfach nur sehr ängstlich. Es liegt nicht nur an einer Überempfindlichkeit, sondern auch am Stress, den die Angst in uns auslöst. Schuld daran ist wieder die genetisch tief in uns verwurzelte Wahl zwischen Kampf- oder Fluchtreaktion. Im Fall der Angst kommt noch eine dritte Komponente hinzu, nämlich starr vor Angst zu sein und festzustecken. Das Gefühl, einer Bedrohung hilflos ausgeliefert und machtlos zu sein, verursacht uns Stress, aber auch Frustration und Überforderung. Ein Meer aus Tränen kann die Folge davon sein. Wir schämen uns leider immer noch dafür, unsere Trauer, Wut oder Ohnmacht so offensichtlich zur Schau zu stellen. Dabei ist das Weinen ein sehr heilsamer und reinigender Vorgang für unseren Körper und unsere Psyche. Es erlaubt uns, loszulassen. Anschließend fühlen wir uns in den meisten Fällen erleichtert und befreit.

Mit der Angst ist gegen die Angst

Angstzustände, Panikattacken und Phobien sind keine Schicksale, die man duldsam ertragen muss. Allerdings gibt es auch keine schnellen Instant-Lösungen dafür. Die gute Nachricht: Alle Betroffenen können selbst eine ganze Menge unternehmen, um den Angstattacken beizukommen oder ihr Auftreten zumindest einzuschränken. Der erste Weg dorthin sollte jener zu professioneller Hilfe sein. Dort lernt man im Idealfall einige Methoden, die später als einfache Hilfe zur Selbsthilfe jederzeit und überall eingesetzt werden können. Autogenes Training zählt da ebenso dazu wie Entspannungs- und Atemtechniken. Immer eine gute Idee und fast immer das schnellste Mittel gegen Angst ist Sport. Wer nicht gerne nach draußen geht, kann sich auch zu Hause körperlich verausgaben. Wer sich seinen Dämonen stellen möchte, konfrontiert sich selbst mit den Situationen, Orten oder Umständen seiner Ängste. Diese Form der Aversionstherapie kann jede und jeder selbst steuern und bei entsprechenden Fortschritten intensivieren. Ein solches Erfolgserlebnis kann berauschender sein als jedes Medikament und alle legalen oder illegalen Drogen zusammen. Außerdem beflügelt das Gefühl enorm, es aus eigener Kraft und vielleicht sogar ganz ohne fremde Hilfe geschafft zu haben, seinen Ängsten den Garaus zu machen. Der falsche Weg im Kampf gegen die Angst ist der Umweg. Ihr auszuweichen wie einer Radarfalle mag spontan und punktuell funktionieren. Auf Dauer schiebt man das Problem aber nur immer weiter vor sich her, wo es immer größer, mächtiger und irgendwann unkontrollierbar werden kann.