Psychische Erkrankung

Psychische Erkrankung: Anzeichen, dass du gegen eine psychische Erkrankung kämpfst

Hilferufe deiner Seele

Anders als unser Körper kann unsere Seele nicht zu schmerzhaften Symptomen greifen, wenn sie Hilfe benötigt. Sie arbeitet beständig im Hintergrund und versorgt uns mit allem, was wir an mentaler Stärke und Rückhalt benötigen. Doch manchmal wird das Leben zu schwer für sie. Die Gründe, warum psychische Belastungen sich zu Krankheitsbildern manifestieren, sind zahlreich und vielfältig. Jedenfalls ist der Prozess stets ein schleichender, den die wenigsten Betroffenen wahrnehmen, solange er noch in den Kinderschuhen steckt. Manchmal sind bestimmte Vorkommnisse oder traumatische Erlebnisse die Auslöser dafür, manchmal fehlt uns einfach nur etwas im Leben oder wir haben zu viel vom Falschen. Psychische Erkrankungen sind leider nach wie vor die Stiefkinder der modernen Medizin. Gesellschaftlich sind sie zwar Gott sei Dank nicht mehr so weit an den Rand gedrängt wie noch vor wenigen Jahren, doch auch hier gäbe es noch Luft nach oben. Die Schwierigkeit, sie als Betroffene einzugestehen, zu erkennen und als Ärztin oder Arzt fachgerecht zu diagnostizieren, ist eine Seite der Medaille. Die andere besteht aus der Scham der Erkrankten, die mit Stigmatisierung, Schuldgefühlen und Ausgrenzung zu kämpfen haben. Wir möchten dir hier daher 5 frühe Anzeichen vorstellen, die auf eine psychische Erkrankung hinweisen können:

1. Ungesunde oder risikoreiche Verhaltensweisen 

Essen in extremen Mengen – zu viel oder zu wenig – Alkohol, Drogen, oder Medikamente, das Austesten von Geschwindigkeitslimits hinterm Steuer oder sportliche Betätigungen, die für Ungeübte gefährlich werden können: All das erscheint uns als prima Idee, wenn wir psychisch aus dem Lot geraten sind. Ungesundes oder verantwortungsloses Verhalten ist eines der Symptome, die unsere Seele an den Start schickt, wenn sie dringend Hilfe braucht. Unserem Umfeld sollten diese neuen Verhaltensweisen auffallen. Solche Bewältigungsstrategien haben dann nichts mehr mit „einmal über die Stränge schlagen“ zu tun. Selbstzerstörerisches Verhalten beginnt in kleinen Schritten. Bremsen wir diese nicht rechtzeitig ein, laufen wir unseren eigentlichen Problemen souverän davon. Kleiner werden sie dadurch jedoch nicht. Wenn zu einer depressiven Episode etwa noch Alkoholmissbrauch oder eine Essstörung hinzukommen, erschaffen wir eine Abwärtsspirale, die uns psychisch erst recht an unsere Grenzen bringt und auch unserem Körper Schaden zufügt.

2. Rückzug aus der Gesellschaft und vom aktiven Leben

Es ist immer ein Alarmzeichen, wenn Menschen, die einem geregelten Tagesablauf nachgehen und Freundschaften und Hobbys pflegen, sich plötzlich rarmachen und von der Welt zurückziehen. Es gibt Menschen, die viel Zeit für sich brauchen, keine Frage, doch wenn diese Form von selbstgewählter Isolation Personen betrifft, von denen man solche Phasen gar nicht kennt, handelt es sich um ein deutliches Warnsignal. Auch wir selbst können natürlich feststellen, dass wir plötzlich so gar kein Verlangen mehr nach menschlicher Gesellschaft verspüren. Eine innere Leere macht sich breit und wir fühlen uns, als ob irgendjemand den Strom abgestellt hätte. Wie verwundete Tiere verkriechen wir uns dann in unsere Höhle und wollen niemanden sehen. Leider verstärkt diese Sehnsucht nach Einsiedelei eine psychische Erkrankung nur noch. Wir sind dann sprichwörtlich mit ihr allein, und sie kann sich nach allen Regeln der Kunst ausbreiten und immer stärker von uns Besitz ergreifen.

3. Veränderungen von Persönlichkeit und Stimmung 

Stimmungsschwankungen unterworfen sind alle Menschen von Zeit zu Zeit. Zeigt sich diese Berg- und Talfahrt jedoch ungewöhnlich deutlich oder in immer kürzeren Abständen, ist auch dieser Entwicklung unbedingt Aufmerksamkeit zu zollen. Manche Menschen verändern sich sogar charakterlich. Die ruhigen werden überschwänglich und sprudeln nur so über vor vorgetäuschter Euphorie. Die stets fröhlichen und gut gelaunten ziehen sich plötzlich in ein Schneckenhaus zurück und wirken gedämpft und abwesend. Wir spüren es an unseren Mitmenschen meist instinktiv, ob ihnen lediglich eine Laus über die Leber gelaufen ist, oder ob ihre Psyche gerade mit ernsthaften Schwierigkeiten kämpft. Das Nachfragen ist immer ein erster wichtiger Schritt. Manchen Menschen hilft die Gewissheit, dass ihr Schicksal ihrem Umfeld nicht egal ist, schon fast wieder auf die Beine. Wieder andere werden unangenehme Gespräche in diese Richtung eher vermeiden oder verärgert und ablehnend reagieren. 

4. Zwischen Hoffnungslosigkeit und Überforderung

Psychische Erkrankungen lassen uns anders fühlen als in mentaler Balance. Das Spektrum ist ein wesentlich breiter gestreutes, mit extremen Ausformungen. Braucht unsere Seele Hilfe, sind wir schnell überfordert mit unserem ganz gewöhnlichen Alltag. Die kleinsten Handgriffe inklusive dem Aufstehen am Morgen fallen uns unendlich schwer. Andere Menschen können wir kaum ertragen. Den Gegenpol zu diesem schwindelerregenden Erschöpfungszustand bildet das Gefühl unendlicher Hoffnungslosigkeit. Wir sehen für die Zukunft schwarz, irgendwann sehen wir sie für uns gar nicht mehr. Es ist vollkommen in Ordnung, Phasen der Überforderung zu erleben. Unser Alltag ist sehr anspruchsvoll und kann uns manchmal schlichtweg über den Kopf wachsen. Doch dauern diese Tage an, werden zu Wochen oder gar Monaten, ist es nicht unser Zeitmanagement, das Hilfe braucht, sondern unsere Psyche. Ähnlich verhält es sich mit pessimistischen Gedanken. Sie sind grundsätzlich und generell destruktiv und führen zu nichts Gutem. Sind wir jedoch nicht mehr in der Lage, diese düsteren Gedankengänge zu regulieren und sie zumindest durch neutrale zu ersetzen, hat die dunkle Seite die Kontrolle über unser Denken und Fühlen übernommen. 

5. Logisches Denken und Handeln fallen schwer

Eine psychische Erkrankung schlägt nicht nur emotional zu Buche, sie vernebeln mit der Zeit auch unseren Verstand. Unser Gehirn fühlt sich an, wie in Watte gepackt, klare Gedanken fassen wir kaum mehr. Wir handeln entweder impulsiv oder gar nicht. Das Treffen von kleinsten Entscheidungen wird zur Herkulesaufgabe, die wir gerne so lange wie nur irgend möglich hinauszögern. Wer mit seiner Psyche oder irgendwann auch förmlich gegen sie kämpft, braucht all seine Energiereserven, um zu überleben. Körper, Geist und Seele bilden im Idealfall eine hochfunktionale Einheit, die miteinander im Gleichklang ertönt. Gerät eines dieser drei Elemente aus dem Takt, bekommen dies natürlich auch die beiden anderen zu spüren. Eine psychische Erkrankung wird immer erst von leisen Tönen begleitet. Das macht es auch heute noch so schwierig, sie rechtzeitig zu erkennen. Ein paar Tage planlos und ohne effektiven Output zu vertrödeln, mag uns selbst nicht als Alarmsignal erscheinen. Wahrscheinlich fällt ein plötzlich unorganisiertes und chaotisches Leben nicht einmal unserem Umfeld auf. Hält dieses Dasein aus den Fugen jedoch an, kann sich auch dahinter eine psychische Erkrankung verbergen. Bemerken wir es selbst noch, dass der berühmte „Brainfog“, also der diffuse Nebel im Kopf, uns am Denken zu hindern beginnt, hilft noch Bewegung an der frischen Luft und der Konsum von Sonnenlicht. Später reicht diese Erste-Hilfe-Maßnahme nicht mehr aus.

Fazit: Du bist nicht allein

Auch wenn sich psychische Erkrankungen und ihre Vorstufen so anfühlen: Du bist nicht allein mit deinen Problemen. Wenn du in deinem persönlichen Umfeld niemanden hast, mit dem du darüber sprechen kannst, gibt es jede Menge Möglichkeiten, dir Hilfe zu suchen. Du kannst dich anonym im Internet oder telefonisch an Expert*innen wenden, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Auch deine Hausärztin oder dein Hausarzt sind kompetente und vertrauensvolle erste Anlaufstellen, wenn du merkst, dass es dir psychisch einfach nicht mehr gut geht. Das Schlechteste, was du nun tun könntest, wäre, nichts zu tun. Unser Psyche verfügt über keine Selbstheilungskräfte. Ist sie angeschlagen, braucht sie jede Unterstützung, die sie bekommen kann.